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CD - Ersteinspielung einer Rarität Bartóks frühes Klavierquartett

Notos benennt in der griechischen Mythologie die grundsätzlich eher wärmeren, aber gelegentlich auch stürmisch über das Land fegenden Süd- und Ostwinde. Diese Charaktereigenschaften haben sich die vier Musiker des in Berlin ansässigen Notos Quartett auf die Fahnen geschrieben, als sie sich 2007 zum Klavierquartett formierten. Seitdem hat sich das Quartett zahlreiche Preise bei internationalen Wettbewerben erspielt.

Bildquelle: Sony Classical

CD-Tipp 22.02.2017

Der CD-Tipp zum Anhören

Das Programm ihrer Debüt-CD ist den vier Musikern des Notos Quartett eine Herzensangelegenheit. Ungarische Schätze - "Hungarian Treasures" - haben sie das Album genannt mit Stücken von Ernst von Dohnányi und Zoltán Kodály. Größte Aufmerksamkeit und auch Überraschung weckt außerdem die Ersteinspielung des wieder entdeckten Klavierquartetts von Béla Bartók. Dieses Jugendwerk galt lange als verschollen, wurde nur einmal von Bartók selbst und ein zweites Mal Anfang der 1960er Jahre in Ungarn zur Aufführung gebracht, schlummerte jedoch jahrelang im Archiv. Nach aufwändiger Notenrecherche hat sich das Notos Quartett neugierig und zugleich ehrfurchtsvoll mit dieser Komposition in c-Moll auseinandergesetzt, erzählt Geiger Sindri Lederer: "Als wir uns zur ersten Probe zusammengefunden haben - das war schon ein ganz besonderer Moment, dieses Stück zum Klingen zu bringen, weil wir auch nicht wirklich eine Idee hatten, was uns da erwartet und wie es klingen wird. Und es klingt dann ja doch ganz anders als das, was wir von Bartok bis dahin kannten."

Jugendlicher Überschwang eines Genies

Romantisch, leidenschaftlich und überschwänglich klingt dieses knapp halbstündige, viersätzige Klavierquartett des 17-jährigen Bartók. Und dieser Gestus kommt dem Notos Quartett offensichtlich sehr entgegen. Mit temperamentvollem Schwung, dabei unglaublich präzise und bestens ausbalanciert spielen Sindri Lederer, Andrea Burger, Philip Graham und Antonia Köster diese Musik, die zunächst so gar nicht an Béla Bartók denken lässt.

Spätromantisches Schwelgen und ungarisches Lokalkolorit

Bartóks frühes Stück kombiniert das Notos Quartett auf der CD mit einem Jugendwerk des nur vier Jahre älteren Ungarn Ernst von Dohnányi, einem ausgezeichneten Pianisten und lebenslangen Freund von Bartók. Er komponierte sein Klavierquartett in fis-Moll wie Bartók bereits im Teenageralter. Im unmittelbaren Vergleich entfaltet sich Dohnányis Klavierquartett weniger kraftvoll und auftrumpfend, eher elegisch und fließend. Brahms und Dvorák lassen beide grüßen, spätromantisches Schwelgen trifft auf musikalisch-ungarisches Lokalkolorit. Diese Mischung aus sehnsuchtsvoller Begeisterung, instrumentalem Singen und tänzerischer Vergnügtheit fordert mehr als virtuoses spieltechnisches Können. Die vier Instrumentalisten loten auch die reiche Farb- und Klangpalette von Dohnányis Musik wunderbar aus. So ist dieses Debüt-Album nicht nur eine wunderbare Visitenkarte für das Ensemble geworden, sondern eine überzeugende und packende Hommage an ungarische Kammermusik des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Gerne mehr davon!

Notos Quartett - "Hungarian Treasures"

Ernö Dohnányi:
Klavierquartett Fis-Moll
Zoltán Kodály:
Intermezzo
Béla Bartók:
Klavierquartett c-Moll, op. 20

Notos Quartett

Label: Sony Classical

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