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CD - Olga Scheps spielt Erik Satie - Klavierwerke

Wo sind wir? Am Nordhang des Pariser Montmartre. Im legendären Cabaret "Le chat noir" sitzt ein sonderbarer Pianist und spielt ebenso sonderbares Zeug auf dem Kneipenklavier. Stücke, die sich wie aufgezogene Spieluhren fortspinnen und doch auf der Stelle bleiben. Musik ohne Richtung und Ziel. Fast absichtslos sich ereignend. Wie die Tapeten an der Wand, die einfach zum Interieur gehören. Der Erfinder dieser akustischen Ereignisse nennt sich Phonometriker oder Akustikarbeiter. Im Pass steht Erik Satie.

Bildquelle: RCA Red Seal / Sony Classical

CD-Tipp 08.06.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

So richtig berühmt wurde dieser Außenseiter und Exzentriker aus der Normandie selbst in Paris nicht. Satie war ein Sonderling, und zugleich in der Avantgarde-Szene bewundert: von Ravel und Debussy, von Milhaud. Mit Picasso traf er sich, ebenso mit Marcel Duchamp zum Schachspielen. In seinen sprunghaften Launen erfand der als Scharlatan verschriene Grenzgänger "Drei Stücke in der Form einer Birne", die "ohne mit der Wimper zu zucken" oder "wie eine Nachtigall mit Zahnschmerzen" zu spielen waren. Was war Ernst, was Spaß? Immer an dieser Unwägsamkeit entlang komponierte Satie seine Eulenspiegeleien. Man konnte sich köstlich amüsieren oder für dumm verkauft fühlen. 

Schreiten statt schlendern

Und just in dieses Milieu des rätselhaften Humors und fraglichen Sinns spaziert nun die gefeierte Chopin-Interpretin Olga Scheps hinein. Dabei schreitet sie mehr als dass sie schlendert. In den Satie-Klassikern wie den "Gnossiennes" oder den "Gymnopédies" setzt sie akkurat Schritt für Schritt, Akkord für Akkord. Melodiebetont übernimmt die rechte Hand die Führung, vermeidet jedoch süßes Pathos. Erstaunlich herb intoniert sie, hinterlässt keine melancholischen Spuren, scheut schwärmerische Tristesse. Und man spürt: Am Montmartre ist sie nicht zu Hause. Olga Scheps kommt aus den feineren Arrondissements irgendwo an der Seine, eine junge Dame aus gutem Hause, die gerne den frivolen Duft des Bohème-Lebens schnuppern möchte.

Grimassen für den Sommernachtstraum

Dass Saties Kreationen spieltechnisch kein üppiges Virtuosenfutter für die Pianistin bieten, das hört man - außer in den "Cinq Grimaces pour Le songe d'une nuit d'été". Hier kann die mehrfach ausgezeichnete Nachwuchskünstlerin in die Vollen greifen und es funkeln lassen. Zum Glück hatte Milhaud nach Saties Tod die Skizzen zu diesen "Fünf Grimassen für den Sommernachtstraum" gerettet und für Klavier arrangiert. Bunt wird es plötzlich in Scheps' Spiel, Kinderaugen leuchten, als drehte sich das Karussell auf dem Jahrmarkt. Und wenn auch ihr erster Streifzug über den Montmartre etwas steif ausfällt - vielleicht macht sich die Pianistin ja noch ein zweites Mal auf den Weg.

Olga Scheps spielt Satie

Erik Satie:
Gnossiennes Nr. 1-6
Gymnopedies Nr. 1-3
"Je te veux"
Sarabandes Nr. 1-3
Valse chantee "Tendrement"

Erik Satie / Darius Milhaud:
Cinq Grimaces pour Le songe d'une nuit d'été
Chilly Gonzales:
"Gentle Threat"

Olga Scheps (Klavier)
Label: RCA Red Seal / Sony Classical

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