Manchmal werden Carl Orffs "Carmina Burana" von 100 oder 200 Choristen gesungen – bei Jos van Immerseel sind es gerade mal 36 Leute! Garanten für einen unpathetischen, abgespeckt schlanken Gesamtklang sind hier aber nicht nur die drei Dutzend Mitglieder des Collegium Vocale sowie des Kammerchors Cantate Domino, nein, Garanten für Transparenz sind auch Darmsaiten bei den Streichern des Ensembles Anima Eterna, historische Blas- und Schlaginstrumente aus der Entstehungszeit der Partitur.
Bildquelle: Zig Zag Territoires
CD-Tipp 04.02.2015
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Das hört man: Jos van Immerseel glaubt an die Qualität der oft bejubelten, ebenso oft aber auch belächelten Musik. Genauigkeit und Frische rehabilitieren in diesem Fall ein überpopuläres, vielfach missbrauchtes Stück. Und der Dirigent hat drei fabelhafte Sänger für die extrem unbequem liegenden Solo-Partien im Boot: Während Bariton Thomas Bauer kein Unbekannter mehr ist, dürften Yeree Suh (Sopran) und Yves Saelens (Tenor) bisher nur wenigen Szene-Beobachtern untergekommen sein.
Frühling, Wein und Weib, nicht zuletzt das Rad des Schicksals sind selten so unbefangen, so unvoreingenommen besungen worden. Der Brüggener Konzertmitschnitt aus dem belgischen Pendant zum Concertgebouw Amsterdam beweist, dass man sich selbst einem Mega-Hit der sogenannten Klassik auch heute noch neugierig nähern kann – Jos van Immerseel tut es! Eigentlich sollte man die gesamte Riesen-Diskografie der "Carmina Burana" fortan ignorieren – und bei Bedarf nur noch diese eine Aufnahme hören.
Yeree Suh (Sopran)
Yves Saelens (Tenor)
Thomas Bauer (Bariton)
Collegium Vocale Gent
Cantate Domino
Anima Eterna Brügge
Leitung: Jos van Immerseel
Label: Zig Zag Territoires