BR-KLASSIK

Orient trifft Okzident, genauer gesagt Oberitalien trifft Istanbul. Wie haben sich europäische Komponisten des Barock die orientalische Musik vorgestellt und wie klang sie wirklich? Beides ist auf "ballo turco", der neuen CD des Pera-Ensembles zu hören: ein buntes Mosaik aus Morisken, Turquerien und Türken-Opern durchsetzt mit Sprenkeln aus der osmanischen Musiktradition. Dabei begegnen uns viele alte Bekannte des italienischen Frühbarock wie zum Beispiel Claudio Monteverdi mit seiner Moresca aus dem Orfeo, oder Antonio Cesti mit dem Tanz der Eunuchen aus seiner Oper La Dori.

Authentisches Klanggemälde

Freilich ist es ein überwiegend europäischer Blick auf die Musik jenseits des Mittelmeers. Und doch kratzt das Pera-Ensemble nicht nur an der Oberfläche des barocken "alla turca"-Geschmacks. Für eine ganz eigene Farbgebung sorgt das Instrumentarium: Zu Barockvioline, Theorbe und Cembalo mischen sich Oud, Ney und Kanun, also orientalische Laute, Zither und Flöte. Mit einem feinen Gespür für historische Aufführungspraxis gelingt dem Ensemble um den türkischen Oud-Spieler Mehmet Cemal Yesilcay so ein besonders authentisches Klanggemälde.

Karriere am Hof des Sultans

Eine Brücke zwischenwestlicher und orientalischer Tradition ist der Musiker Wojciech Bobowski alias Ali Ufki. Der polnische Hugenotte war im 17. Jahrhundert in türkische Gefangenschaft geraten. Später konvertierte er zum Islam, studierte die türkische Musik und machte am Hof des Sultans Karriere. Auf der CD ist er mit einigen Ersteinspielungen vertreten. In diesem Stück von Ali Ufki klagt die italienische Sopranistin Francesca Lombardi Mazzúlli mit ihrer wunderschön-traurigen Stimme ihr Liebesleid. 

Orientalische Ballnacht

Der Schwenk vom Lyrischen hin zu den ausgelassenen Tanzmelodien gelingt dem Ensemble mühelos: Bei den Letzteren wirken die Musiker sogar noch überzeugender. Und so fällt es einem auch als Hörer nicht schwer, sich auf diese orientalische Ballnacht einzulassen. Dem Titel "Ballo turco" wird die CD allemal gerecht.