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CD - Campino erzählt "Peter und der Wolf in Hollywood"

Mit dem Klassiker "Peter und der Wolf" von Sergej Prokofjew hat die Neueinspielung etwa so viel zu tun, wie ein Fischstäbchen mit einem Kabeljau: Die Basis besteht zwar schon irgendwie aus Fisch, aber eingehüllt ist das Tier in eine krosse Panade.

Bildquelle: Deutsche Grammophon

CD-Tipp 11.11.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Diesen Umstand muss man erst einmal verdauen und sich auf die actionreiche, moderne Rahmenhandlung einlassen. Peter ist nicht mehr der "Alte", mutig und ein wenig widerborstig. Peter ist nun ein cleveres Kerlchen, das im 21. Jahrhundert zu Hause ist: Exilrusse, Außenseiter und Waisenkind. Er lebt in Los Angeles bei seinem Hippie-Großvater. Und der wiederum hat einen Job als Gärtner bei einem berühmten Schauspieler. Ah ja, deshalb heißt die CD auch "Peter und der Wolf in Hollywood".

Hauptsache Spannung, Hauptsache Stimmung

Und auch der Wolf ist nicht der "Alte", er lebt nicht im Wald. Er hat Kost und Logis im Zoo gebucht. Offenbar läuft es dort nicht zu seiner Zufriedenheit, denn er büxt aus. Im Hof von Peters Großvaters schlägt er sich den Ranzen voll. Mit Enten, versteht sich. Ab diesem Zeitpunkt hat Peter das Jagdfieber gepackt. Endlich mal ein Held sein, wie Superman. Kreuz und quer durch Hollywood verfolgt er den Monsterwolf. In einem Filmstudio findet Peter einen alten Roboter und macht ihn zu seinem Gefährten. Die beiden freunden sich an, merkwürdigerweise zu Musik von Edward Grieg: in der Halle des Bergkönigs aus der "Peer Gynt"-Suite. Und ich dachte, wir wären bei Prokofjew! Doch zum Zwecke der Spannungssteigerung hat sich der Produzent frei von der Leber weg an den Klassik-Hits wie in einem Bauchladen bedient: "Tanz der Ritter" aus Prokofjews "Romeo und Julia", "Walkürenritt" von Wagner,  "Tanz der Kücklein " aus Mussorgskijs "Bildern einer Ausstellung", Smetanas "Moldau" - Hauptsache Spannung, Hauptsache Stimmung.

Campinos Selbstverständlichkeit und Souveränität

Aber irgendwann steht es dann doch noch offen, das vertraute Gartentürchen! Und die Original-Geschichte beginnt, kaum merklich fügt sie sich an die Action-Story: Die jung klingende Stimme des Alt-Punks Campino von der Band "Die toten Hosen" wirkt  wohltuend unaufgeregt, weil Campino nicht versucht, auf Teufel komm 'raus spannend zu erzählen, er erzählt einfach "nur" die Geschichte. Als würde er auf der Bettkante sitzen und sie seinem Kind vortragen, mit natürlicher Wortbetonung und Satzmelodie, mit Selbstverständlichkeit und Souveränität. Man lauscht ihm und freut sich darüber, dass er der Musik Raum lässt.

Präsenz und Präzision

Die Streicher des Bundesjugendorchesters spielen akzentuiert, dabei nicht gehetzt, sie lassen die Töne auf den Saiten zergehen. Als ob sich die jungen Musiker an ihre eigene, erste Begegnung mit "Peter und der Wolf" erinnern würden. Eine gute Idee, diese Besetzung! Ganz besonders den hilfsbereiten, schlauen Vogel hat man schnell ins Herz geschlossen, weil er flatterhaft und dabei sauber intoniert interpretiert wird. Ohne gute Holzbläser keine gute Einspielung, so lautet das oberste Gebot bei Prokofjews "Peter und der Wolf".  Hier überzeugen sie durch Präsenz und Präzision, sie lassen sich Zeit und scheinen das Geschehen zu genießen - dirigiert von Alexander Shelley.

Paparazzi statt Jäger

Und ganz klar, auch in dieser modernen Geschichte wird der Wolf am Ende gefangen. Wenn auch mit etwas mehr Brimborium. Ein bisschen irritiert auf die Dauer das unterlegte Vogelgezwitscher, als ob die Musik den Vogel nicht ausreichend charakterisieren könnte. Umso netter dafür die Idee, die althergebrachten Waidmänner durch Paparazzi zu ersetzen, immer auf der Jagd nach einer neuen Sensation. Am Ende harmonieren dann Actiongeschichte und Märchen doch noch, dank Prokofjews Steilvorlage!

"Peter und der Wolf in Hollywood"

Musik von Sergej Prokofjew, Richard Wagner, Modest Mussorgskij u.a.
Campino (Erzähler)
Bundesjungendorchester
Leitung: Alexander Shelley
Label: Deutsche Grammophon

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