Cembalo at its best: Pieter-Jan Belder mit der vierten Folge seiner Gesamteinspielung des Fitzwilliam Virginal Books.
Bildquelle: Brilliant
Die Kostprobe vom 24. Januar 2016
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Gerade das Cembalo war noch vor wenigen Jahrzehnten DER Inbegriff eines Anti-Sounds: ganz anders, als es das spätromantisch geprägte Klangideal verlangte, hell, hart und durchdringend, für viele nur schwer zu ertragen und doch perfekt passend zum berüchtigten Nähmaschinen-Bach. Gottseidank haben sich die Zeiten geändert, und heute dürfen wir so wohltönenden Instrumenten lauschen, wie sie z.B. der Niederländer Pieter-Jan Belder auf der vierten Doppel-CD seiner Gesamteinspielung des berühmten Fitzwilliam Virginal Book einsetzt.
Das Fitzwilliam Virginal Book ist mit insgesamt rund 300 Stücken die umfangreichste Sammlung englischer Cembalo-Musik aus der Zeit der Stilwende von später Renaissance zum Frühbarock. Nach einem Querschnitt als Auftakt widmete sich der Cembalist Pieter-Jan Belder zunächst William Byrd, kombinierte dann Peter Philips mit Jan Pieterszoon Sweelinck und ist nun bei Giles Farnaby und John Bull angelangt. Das macht auch Sinn, denn zwischen der Musik von Farnaby und Bull gibt es einige auffällige Gemeinsamkeiten: Farnaby könnte sogar ein Schüler von John Bull gewesen sein.
Die Stücke von John Bull sind fraglos die originelleren, sorgfältig ausgearbeitet und zum Teil atemberaubend virtuos. Dagegen überzeugt Farnaby - vermutlich ein Amateur - mit seiner zugänglichen und fasslichen Musikalität. Pieter-Jan Belder sucht seine Instrumente gezielt nach dem Charakter der jeweiligen Komponisten und ihrer Werke aus. So kommen auch hier zwei unterschiedliche Cembali zum Einsatz. Während das für die Musik von John Bull agil klingt und fein zeichnet, wählt Belder für Farnaby ein erdigeres Instrument mit wunderbar hölzernem Timbre.
Die Sensibilität für die Klangwirkung musikalischer Gefüge ist, neben seiner großen technischen Souveränität, eine herausragende Eigenschaften des Cembalisten Belder. Bei diesem Instrument, das keinen dynamischen Anschlag zulässt, bleibt als Ausdrucksmittel nur die Agogik. Und Belder findet genau das richtige Maß, die Strukturen der Fantasien, Tanzsätze und Variationen zu unterstreichen, ohne sie zu zergliedern - alles wirkt so natürlich, als könnte es gar nicht anders sein. Genau so soll Cembalo-Musik klingen.
Giles Farnaby, John Bull
Pieter-Jan Belder, Cembalo
Label: Brilliant