Seit drei Jahrzehnten studiert sie alles, was sie von oder über Clara Schumann finden kann. Kaum jemand wandelt so exzessiv auf den Spuren der Komponistengattin und emanzipierten Künstlerin wie die Pianistin Ragna Schirmer. Bereits 2015 veröffentlichte sie die CD "Liebe in Variationen" mit vertonten Liebesbotschaften zwischen Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms. Nun kommt ein Album mit dem schlichten Titel "Clara" heraus. Es kombiniert Clara Schumanns frühes Klavierkonzert mit Beethovens G-Dur Konzert.
Bildquelle: Berlin Classics
CD-Tipp 14.09.2017
Ragna Schirmer spielt Clara Schumann und Beethoven
Mit Eleganz und Selbstbewusstsein, Virtuosität und Leidenschaft etablierte sich Clara Wieck auf europäischen Konzertpodien. Nicht nur als Tastenwunderkind wollte sie gefeiert werden, sondern auch musikalische Anerkennung als Komponistin ernten. Ihr rhapsodisch stürmisches Klavierkonzert op. 7 schrieb sie mit 15 Jahren und spielte selbst die Uraufführung im Gewandhaus Leipzig unter Felix Mendelssohn. Verliebt war sie auch schon, aber noch nicht in Robert Schumann, sondern in den Braunschweiger Cellisten August Theodor Müller. Das hört man im ungewöhnlichen Mittelsatz - ein inniger Dialog zwischen Klavier und Solo-Cello ohne Orchesterbegleitung.
Das vielversprechende Erstlingskonzert eines Teenagers - schade, dass es zu einem Zweiten nicht mehr kam, weil für Clara die geliebten "Stunden des Selbstvergessens, wo man nur noch in Tönen atmet" als Schumanns Ehefrau und achtfache Mutter immer seltener wurden. Auch als Tochter des karrierebewussten Friedrich Wieck hatte sie es nicht leicht gehabt: Der schickte sein Töchterchen am liebsten mit Virtuosenfutter von Kalkbrenner, Moscheles und Herz aufs Podium, während Clara bald ihr eigenes, musikalisch gehaltvolleres Repertoire durchsetzte: Werke von Schumann, Bach und Beethoven. Dessen viertes Klavierkonzert op. 58 spielte sie besonders oft natürlich mit ihren eigenen Kadenzen.
Die anspruchsvolle Kadenz zum Finale des G Dur Konzerts verriet Ragna Schirmer viel über die Beethoven Sicht ihres Idols Clara Schumann, genauso wie Beethoven-Ausgaben des 19. Jahrhunderts, die sie mit Hinblick auf ihre jüngste CD studierte: Die Idee, das Klavierkonzert aus der Feder der jungen Virtuosin Clara mit einem Beethoven-Konzert aus dem Repertoire der gereiften Interpretin zu koppeln, ist überzeugend. Genauso wie die musikalische Umsetzung: Die Staatskapelle Halle unter Ariane Matiakh erweist sich als jederzeit sensibel reagierender, aber auch dramatisch zupackender Partner für Ragna Schirmer, die sich einmal mehr in das musikalische Denken einer besonderen Künstlerpersönlichkeit einzufühlen verstand. So sehr, dass die französische Dirigentin bei den Konzerten bisweilen geglaubt haben soll, Clara selbst säße am Flügel!
Clara Schumann:
Klavierkonzert a-Moll, op. 7
Ludwig van Beethoven:
Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58
Ragna Schirmer (Klavier)
Staatskapelle Halle
Leitung: Ariane Matiakh
Label: Berlin Classics
Sendung: "Leporello" am 14. September 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK