Egal ob man nun an Elizabeth Taylor oder Monica Bellucci denkt: Der Name Cleopatra löst bei Filmfreunden positive Reaktionen aus! Eine solche Frau eine ganze Stunde lang exklusiv geboten zu bekommen, ohne dass sich irgendwelche Nebenfiguren als störende Dritte aufdrängen, dürfte für manchen eine verlockende Vorstellung sein. Ressortbedingt liefert die Schweizer Sopranistin Regula Mühlemann auf ihrer jüngsten CD keine Studie der Filmfigur - aber die singende Bühnengestalt in diversen Opern der Barockzeit ist auch nicht zu verachten.
Bildquelle: Sony Classical
Der CD-Tipp zum Anhören
Als Mensch des ersten vorchristlichen Jahrhunderts und auch als Opernfigur ist Cleopatra ein schillernder Charakter: Keineswegs depressiv oder vergrübelt, gehört zu ihr als Politikerin die Lust am Kalkül, an der Selbstdarstellung - zu ihr als Frau hingegen die Freude an der Verstellung und Verführung. Genau diese Balance findet Regula Mühlemann problemlos. Mit barockem Affekt lassen die verschiedensten Komponisten Cleopatra Situationen durchleben, die denen eines Schiffes ähneln, das im Sturm auf hoher See beschädigt wird - und doch den Hafen sicher erreicht.
Ein apartes Quantum Charme
Regula Mühlemann ist eine Sängerin, die mit Tönen auch in hoher Lage augenzwinkernd jonglieren kann, ohne aus der Ruhe zu kommen. Leicht ist ein apartes Quantum Charme herauszuhören, sobald sich die junge Dame einzelner Worte des Librettos annimmt, um sie besonders originell auszugestalten. Alles eine Frage der Artikulation und Phrasierung! Das Regula Mühlemann assistierende Barockorchester, das sich nach dem buchstäblich verrückten Tanz der Folia nennt, kann sich ebenso ruppig geben wie feinsinnig. Die feminine Seite Cleopatras spiegelt sich in weichen Konturen der Streicher, als Pendant zu den knallharten Charakterzügen der öffentlichen Person. Beachtlich ist unbedingt auch der Repertoirewert der CD: Hier geht es eben nicht nur um Händel oder andere populäre Meister, sondern ebenso um Leute wie Carl Heinrich Graun oder Antonio Sartorio, denen man nicht täglich begegnet.
Barock-Arien aus Opern und Kantaten von
Carl Heinrich Graun ("Cesare e Cleopatra")
Georg Friedrich Händel ("Giulio Cesare in Egitto")
Johann Adolf Hasse ("Marc‘Antonio e Cleopatra")
Giovanni Legrenzi ("Antioco il Grande")
Alessandro Scarlatti ("Marc’Antonio e Cleopatra")
Antonio Vivaldi ("La virtù trionfante dell’amore e dell’odio ovvero Il Tigrane")
Johann Mattheson ("Die unglückselige Cleopatra, Königin von Egypten oder Die betrogene Staats-Liebe")
und
Antonio Sartorio ("Giulio Cesare in Egitto")
Regula Mühlemann (Sopran)
Katerina Ghannudi (Harfe und Gesangsstimme)
La Folia Barockorchester
Leitung: Robin Peter Müller
Label: Sony Classical
Sendung: "Leporello" am 09. Oktober 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK