BR-KLASSIK

Keck und munter porträtiert der 40-jährige Richard Strauss in der "Sinfonia domestica" seinen Sohn Franz, den "Bubi". 1904 hebt er das Familien-Idyll in New York triumphal aus der Taufe und gibt darin einen intimen Einblick in sein Privatleben.

Es fällt leicht, sich über diese "häusliche Symphonie" lustig zu machen - François-Xavier Roth und sein SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg meiden jeden Kitschverdacht. Das "Wiegenlied" für den Sprössling etwa intonieren die famosen Holzbläser ganz natürlich, schlicht und innig. Roth lichtet das kleinteilige Motivgeflecht transparent auf und betont die innovativen Aspekte der redseligen Komposition, die es durchaus gibt. Er dämpft das Pathos der riesig besetzten Partitur und strukturiert die turbulente Doppelfuge im Finale präzise - sie soll einen "lustigen Streit" im Hause Strauss symbolisieren.

Tragik und Resignation

Richard Strauss ist das Lachen vergangen, als er 1945 seine "Metamorphosen" vollendet. Aus Trauer über das zerbombte Nationaltheater in München schreibt er seine "Studie für 23 Solostreicher". Glasklar und tonschön wie ein Gamben-Consort klingt das bei Roth und seinen Musikern - eine Katharsis für die Ohren. Roth folgt dem sich ständig verändernden Formverlauf souverän, variiert gekonnt zwischen edlem Streichersound und fahlen Klangflächen. Zügig steuert er den hymnischen Höhepunkt an, der sich abrupt ins Tragische wendet. Als Zeichen der Resignation klingt der Trauermarsch aus Beethovens "Eroica" an.

Bohrende Intensität und echte Empfindung

Natürlich kann man sich fragen, wie Strauss in der letzten Kriegsphase  noch so schöne, elegische Musik schreiben konnte. Roth und seine Musiker begegnen der wohligen Sentimentalität überzeugend mit bohrender Intensität und echter Empfindung. Das auskomponierte Verstummen am Ende der "Metamorphosen" kann man auch als Abgesang auf das eigene Kollektiv, als Protest gegen den Kulturverlust deuten - diese Assoziation drängt sich jedenfalls auf, angesichts der erzwungenen Orchesterfusion.