2011 war ein Mahler-Jubiläum, da jährte sich der Todestag des großen Symphonikers zum 100. Mal. Aus diesem Anlass widmeten die Salzburger Festspiele dem Komponisten eine Serie von "Mahler-Szenen". Zum Auftakt dieser klug konzipierten Konzertreihe präsentierte man ein Staraufgebot, das Werke von Gustav Mahler und der Zweiten Wiener Schule in Kammermusik-Versionen einander gegenüberstellte.
Bildquelle: Orfeo
CD-Tipp 28.02.2017
Der CD-Tipp zum Anhören
Vertraut - und doch ungewohnt filigran: So klingt der "Schatz-Walzer" von Johann Strauß Sohn in einer Version für Klavier, Harmonium und Streichquartett, arrangiert 1921 von Anton Webern für Arnold Schönbergs Wiener "Verein für musikalische Privataufführungen". Dort sollte ein exklusiver Kreis von Mitgliedern Werke von Gustav Mahler bis zur damaligen Moderne in kleinformatigen Modellaufführungen kennenlernen. Die leicht schrägen Bearbeitungen von Wiener Walzern durch Schönberg und seinen Zirkel waren allerdings für ein breites Publikum gedacht und sollten die Kasse des Vereins aufbessern. Auch im "Kaiser-Walzer" überzeugt das vom Geiger Renaud Capuçon angeführte Salzburger All-Star-Ensemble durch höchste Spielkultur, erlesene Klangfarben und unwiderstehlichen Schwung.
Da wird mit Lust und Laune, beherzt und zärtlich musiziert - ganz ohne Schmalz und Zuckerguss! Sein Meisterstück liefert das erweiterte Ensemble mit der Vierten Symphonie von Gustav Mahler, die der Schönberg-Schüler Erwin Stein gekonnt auf eine zwölfköpfige Kammerbesetzung reduziert hat.
Zu Beginn setzt Martin Grubinger seine Schellen-Akzente über die Klavier-Akkorde von Herbert Schuch, bevor die Flötistin Magali Mosnier und der Klarinettist Sebastian Manz der einschmeichelnden Melodie des Primgeigers den Boden bereiten. Im grausigen Scherzo spielt Capuçon ganz nach Mahlers Intention wie der Tod mit seiner Fiedel auf.
Erwin Steins Bearbeitung legt die Struktur von Mahlers Vierter Symphonie frei, verdichtet die Essenz der Partitur und sorgt für Durchhörbarkeit. Wenn sich im Kinderlied-Finale dann noch die wunderbare Christiane Karg mit glockenhellem Sopran und vorbildlicher Textverständlichkeit zur Salzburger Elite-Truppe gesellt, ist das Glück der Hörer vollkommen.
Der Oboist Albrecht Mayer, der Bratschist Antoine Tamestit und der Cellist Clemens Hagen stellen sich wie alle anderen Stars dieser Aufnahme ganz in den Dienst der Sache. Das ist Kammermusik vom Feinsten in einer wirklich einmaligen Konstellation - dafür sind Festspiele da.
Johann Strauß Sohn / Anton Webern:
"Schatz-Walzer" op. 418 für Klavier, Harmonium und Streichquartett
Johann Strauß Sohn / Arnold Schönberg:
"Kaiser-Walzer" op. 437 für Flöte, Klarinette, Streichquartett und Klavier
Gustav Mahler / Erwin Stein:
Symphonie Nr. 4 G-Dur für Sopran und Kammerensemble
Christiane Karg (Sopran)
Renaud Capuçon, Katja Lämmermann (Violine)
Antoine Tamestit (Viola)
Clemens Hagen (Violoncello)
Alois Posch (Kontrabass)
Magali Mosnier (Flöte)
Albrecht Mayer (Oboe)
Sebastian Manz (Klarinette)
Herbert Schuch (Klavier)
Gereon Kleiner (Harmonium)
Martin Grubinger, Leonhard Schmidinger (Schlagzeug)
Label: Orfeo