Bach auf dem Schlagzeug. Kann das funktionieren? Es kann. Und wie! Jedenfalls, wenn man Simone Rubino heißt. Der junge Schlagzeuger aus Italien hat vorletztes Jahr den ARD-Musikwettbewerb gewonnen, und nun gibt es endlich auch ein Album von ihm. "Immortal Bach" heißt es. Rubino hat es seinem Lehrer, dem legendären Schlagzeuger Peter Sadlo, gewidmet.
Bildquelle: Genuin
Der CD-Tipp zum Anhören
So, wie Simone Rubino Bach spielt, erleben wir diese Musik selten: so klangbunt, virtuos und zugleich geradezu liebkosend sanft. Johann Sebastian Bach bringt immer wieder Seiten in Rubino hervor, die auch ihm selbst neu sind. "Eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration" und "unsterblich" sei Bach für ihn. Das klingt, wenn es aus dem Mund eines Schlagzeugers kommt, vielleicht ein bisschen ungewohnt. Schlagwerk spielte zu Zeiten Bachs schließlich keine große Rolle. Rhythmus hingegen schon. Und genau deswegen funktioniert das feinsinnige Arrangement der Bach'schen Cello-Suite Nr. 3 so gut, das der argentinische Barockspezialist Eduardo Egüez für Simone Rubino angefertigt hat.
Für seine CD hat Simone Rubino die sechs Sätze der Suite voneinander getrennt. Sie sind durchsetzt von Stücken, die sich auf Bach beziehen oder bei deren Urhebern Rubino eine innere Verbindung zu Bachs Geisteswelt ausmacht. Darunter "Rebonds" von Iannis Xenakis, längst ein Meilenstein im Schlagzeug-Repertoire: Es beginnt in seiner Einstimmigkeit eindringlich, ja fast hypnotisch, bevor es am Ende ins Mehrstimmige hin ausfranst - tänzerisch, wogend, und bei Simone Rubino im Ausdruck fein ausbalanciert.
Ebenso mitreißend interpretiert Simone Rubino gemeinsam mit drei Schlagzeug-Kollegen John Cages "Third Construction" von 1941. Konventionelle Schlaginstrumente treffen hier - ganz Cage - auf Konservendosen. Damals ungeheuer avantgardistisch. Genauso wie Bach seinerzeit. An anderer Stelle geht es eher jazzig zu. Etwa in dem von Simone Rubino in Auftrag gegebenen Stück "Esegesi" des Italieners Roberto Bocca. Das im Jazz viel genutzte Vibraphon baut eine Brücke ins Jetzt.
So unterschiedlich die Stücke auf dieser CD auch sind: Sie bilden ein organisches Ganzes und zeigen Bachs ungebrochen großen Einfluss auf die Musiksprache unserer Zeit. Gerade im Kontrast lässt sich Bachs Cello-Suite Nr. 3 ganz neu entdecken. Bach, auf den alles zurückgeht und der zumindest auf dieser CD alle und alles verbindet. Und der bei Simone Rubino ungewohnt erdig klingt. Dabei aber so singend und so vielschichtig. Flüsterleise, rumpelnd-krachig und alles dazwischen. Klar, technisch perfekt ist das auch, was Simone Rubino hier macht, aber das nur nebenbei. Diese CD betört vor allem durch die unterschiedlichen Klangfarben, die der preisbehangene Schlagzeuger seinen diversen Instrumenten entlockt - und am Ende möchte man Bachs Musik am liebsten nur noch so hören.
Johann Sebastian Bach:
Suite für Cello solo Nr. 3 in C-Dur, BWV 1009 (arr. für Schlagzeug)
Roberto Bocca:
"Esegesi "
Carlo Boccadoro:
"Power Station"
Knut Nystedt:
"Immortal Bach"
Iannis Xenakis:
"Rebonds B"
John Cage:
"Third Construction"
Simone Rubino (Schlagzeug)
Label: Genuin
Sendung: "Piazza" am 09. September 2017, 08.05 Uhr auf BR-KLASSIK