Schon in den ersten Takten steckt so viel Energie - es reißt einen mit. Er gilt als Ikone der Minimal Music. Dabei hat sich Steve Reichs musikalischer Stil in den vergangenen Jahrzehnten längst weiterentwickelt.
Bildquelle: harmonia mundi
CD-Tipp 19.09.2016
Das Ensemble Signal spielt Steve Reich
Weg vom puren Minimalismus, hin zu melodiösen Stücken wie Double Sextet von 2007. Auch hier tauchen sie auf, die Steve Reich-Standards: die Tonwiederholungen, die vorwärts drängenden Rhythmen, der Puls, der unaufhörlich durchpocht.
Doch Double Sextet ist mehr: Ein Stück, in dem sich Stimmungen und Farben in kürzester Zeit abwechseln, in dem Begeisterung ganz schnell in Bedrohung kippt und wieder zurück. Zurecht bekam Reich dafür den Pulitzer Preis für Musik verliehen. Eine der zweifellos gelungensten Aufnahmen dieses Stücks liefert nun das New Yorker Ensemble Signal unter Brad Lubman. Klanglich so transparent, mit höchster rhythmischer Präzision und einem Sinn auch für feinste farbliche Schattierungen.
Klavier, Vibraphon, Geige, Cello, Flöte, Klarinette - jeweils zwei Mal. In Double Sextet verbindet Reich zwei identische Sextette miteinander. Streicher und Klaviere stellen das zuverlässig antreibende Uhrwerk. Und dann sind da diese Inseln. Über einem weichen Teppich aus Klavier- und Vibraphonklängen schimmern Bläser und Streicher. Bevor es im letzten der drei Teile von Double Sextet wieder bewegt und schwungvoll zugeht. Und hier wird deutlich: Das Ensemble Signal beherrscht beides - das Vorwärtsdrängen, das rhythmische Pushen genauso wie das sanftmütige Ineinanderverweben samtener Klänge.
Neben Double Sextet haben die New Yorker Musiker auch Reichs Radio Rewrite eingespielt. Ein straffes Stück von 2012 in fünf Teilen. Auch hier schichtet Reich Klänge von Klavieren, Streichern, Holzbläsern und Vibraphonen übereinandern. Außerdem findet sich ein E-Bass in der Besetzung, allerdings kaum hörbar. Hier und da zitiert Reich Melodiefetzen aus Songs der Rockband Radiohead. Auch das kaum hörbar. Denn Reich geht es nicht um Crossover. Nie verrät er seine künstlerischen Prinzipien. Seine Musik bleibt stets Avantgarde, obwohl sie schon lange im Mainstream aufgegangen ist. Das muss man erst mal schaffen.
Und Reichs Werke rhythmisch so auf den Punkt zu bringen, sie klanglich so divers darzubieten, warm und klar zugleich, bei aller kleinteiligen Entwicklung immer den großen Bogen im Blick zu haben - auch dazu gehört einiges an Können und an Leidenschaft. Das Ensemble Signal unter Brad Lubman hat zweifellos beides.
Steve Reich:
Double Sextet (2007)
Radio Rewrite (2012)
Ensemble Signal
Brad Lubman
Label: harmonia mundi