Worüber würde sich Beethoven zum 250. Geburtstag am meisten freuen? Für Susanne Kessel eine klare Sache: natürlich über Musik! Und zwar am ehesten über Klaviermusik. Musik in ihrer ganzen Vielfalt, wie wir sie heute, im 21. Jahrhundert kennen.
Bildquelle: Obst Music
CD-Tipp 18.10.2016
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Im Dezember 2020 wird der meistgespielte Komponist der Welt 250 Jahre alt. Das ist noch gut vier Jahre hin - aber eine hat mit dem Feiern schon begonnen: die Pianistin Susanne Kessel. Seit drei Jahren lädt die Bonnerin Komponisten dazu ein, jeweils ein Werk zu komponieren, das sich auf Beethovens Musik oder seine Person bezieht. 250 Stücke sollen es am Ende werden. Alle Stücke werden in Notenbänden mit jeweils 25 Kompositionen herausgegeben. Und auf CD. Die erste Doppel-CD dieser Reihe ist nun erschienen.
Der Schwerpunkt bei Susanne Kessels Mammut-Projekt liegt auf der Neuen Musik. Doch die Pianistin hat auch Komponisten aus den Bereichen Jazz, Pop und Filmmusik dazu eingeladen. Der Keyboarder von David Bowie ist zum Beispiel mit dabei. Oder Helmut Zerlett, den die meisten als ehemaligen Bandleader aus der Harald Schmidt Show kennen. Bei manchen Kompositionen, wie bei Zerletts "Moon", hört man das große Vorbild schon im ersten Akkord. Dann gibt es laute, voranpreschenden Stücke, lyrisch-liebliche und solche, die fast auf der Stelle treten, so meditativ-leise sind sie.
So ergibt sich eine Art Beethoven-Kaleidoskop. Kompositionen von York Höller, David Graham, Moritz Eggert, Charlotte Seither, Dietmar Bonnen und vielen anderen mehr finden sich auf dieser Doppel-CD. Die bringt einem als Hörer nicht nur nahe, wie vielfältig das aktuelle Musikleben ist. Sie ist auch ein Zeugnis davon, wie Künstler aktuell zusammen arbeiten: in Netzwerken, die die ganze Welt umspannen. Formlos, unkompliziert. Man verständigt sich per Mail oder Skype. Susanne Kessel arbeitet mit jedem Komponisten live oder per Internet so lange zusammen, bis alle das Gefühl haben: Jetzt passt es, so kann man es uraufführen. Kessel stellt sich dabei auf alles ein, denn jedes der kurzen Stücke hat seine Eigenheiten. Sie spielt Kompliziertes von Leander Ruprecht, spieltechnisch Leichtes von Johannes Quint, Experimentelles von Dennis Kuhn und eher Konventionelles von William Kinderman.
Nicht alle Stücke sind Meisterwerke, manches ist trivial oder sogar langweilig. Aber Susanne Kessel spielt jedes Stück, als säße Beethoven neben ihr. Damit es bis zu dessen rundem Geburtstag in vier Jahren tatsächlich 250 Stücke sind, müssen noch einige zusammen kommen. Aber: Die Liste der Komponisten, die die Pianistin Beethoven gern vorstellen würde, wenn sie denn könnte, die ist noch lang. Und wenn dann tatsächlich alle 250 Stücke beisammen sind, dann soll es einen Konzertmarathon geben. Wie der genau aussehen wird, das steht noch nicht fest. Dauert ja auch noch ein bisschen. Aber die Beethoven-Spiele, die wären dann hiermit schon mal eröffnet.
Werke von York Höller, Walter Zimmermann, Charlotte Seither, William Kinderman, Haukur Tómasson, Johannes Quint, Ali N. Askin, Boris Kosak, Moritz Eggert, Helmut Zerlett u.a.
Susanne Kessel (Klavier)
Label: Obst Music