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CD - Vox Luminis Musik für die kaiserliche Totenmesse

Bildquelle: Ricercar

Der CD-Tipp zum Nachhören

Oktober 1740. Der Kaiser ist tot. Wenige Tage, nachdem er sich an einem Pilzgericht vergiftet hat. Im Schein der Fackeln geleitet ein nächtlicher Trauerzug den Sarg von der Wiener Hofburg zur Kapuzinergruft, wo Karl VI., mächtigster Mann Europas und Förderer der Künste, beigesetzt wird.

Inszenierte Trauer

Die Musik für die kaiserliche Totenmesse stammt vom Wiener Hofkapellmeister Johann Joseph Fux. Mit seiner lichten Schönheit und seinem gedämpften Schmerz ist Fux' "Kaiserrequiem" nicht Ausdruck persönlicher, sondern inszenierter Trauer - sozusagen der Soundtrack zu einem bis ins Detail festgelegten höfischen Zeremoniell. Bereits bei anderen Staatstrauerfeiern war die Wirkung erprobt worden - beim Tod der Kaisermutter zum Beispiel oder beim Begräbnis des Feldherren Prinz Eugen. Fux' Requiem ist Repräsentationsmusik, die den Herrscher noch im Tode verherrlichen soll.

Das belgische Ensemble Vox Luminis stellt Fux' Totenmesse ein vergleichbares und dennoch ganz andersartiges Requiem von Johann Caspar Kerll gegenüber, der eine Generation vor Fux in Wien wirkte. Zwar hat auch Kerll seine Partitur dem Kaiser gewidmet, doch wirkt sein Werk intimer, persönlicher als das von Fux. Kein Wunder, schrieb er es doch in Zeiten der Pest mit Blick auf sein eigenes Begräbnis:

Und so umarme ich meine Kollegen in Freundschaft und bitte sie inständig, diese Messe für die Ruhe meiner Seele singen zu lassen, wenn sie hören, dass der höchste Herr des Himmels und der Erde mich aufgefordert hat, von diesem Leben ins andere zu ziehen.
Johann Caspar Kerll

Tröstliche Trauermusik

Dass uns die Musik von Kerll und auch von Fux noch heute berührt, ist das Verdienst von Vox Luminis - zur Zeit eines der besten Vokalensembles Europas. Mit großartiger Perfektion, sanft und zugleich klangsatt, machen die Sänger unter der Leitung des Bassisten Lionel Meunier diese fernen Totenmessen zu tröstlichen Trauermusiken, die uns lehren, dem Tod ohne Angst, dafür mit Gelassenheit zu begegnen. Zwei verschiedene Begleitensembles verleihen jedem Requiem dabei seine jeweils eigene Färbung: Den seidig-warmen Klängen des Gambenconsorts L'Achéron bei Kerll stehen bei Fux die düster strahlenden Zinken und Posaunen des Scorpio Collectiefs gegenüber. Zusammen verkörpern beide Totenmessen die Tradition, aus der später Mozart für sein Requiem schöpfte. Schon allein deshalb lohnt es sich, diese Musik kennenzulernen.

Vox Luminis - Requiems

Johann Caspar Kerll, Johann Joseph Fux
Vox Luminis, L’Achéron, Scorpio Collectief: Lionel Meunier
Label: Ricercar

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