Elf Jahre ist es her, dass das Armida Quartett beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD einen spektakulären Erfolg feiern konnte. Längst spielen die zwei Geigerinnen und ihre beiden männlichen Kollegen in den bekannten Kammermusiksälen der Welt und können inzwischen auf eine imponierende Diskographie zurückblicken. Einige dieser Alben sind in Koproduktion mit BR-KLASSIK entstanden, auch das gerade erschienene sechzehnte mit Musik von Frank Martin und César Franck. Dafür haben sich die Armidas mit dem exzellenten und erstaunlich vielseitigen Pianisten Martin Klett zusammengetan.
Bildquelle: CAvi
Der CD-Tipp zum Anhören
Der Schweizer Komponist Frank Martin gehörte schon zu Lebzeiten nicht gerade zu den Stars des Musikbetriebs. Daran hat sich nach seinem Tod 1974 wenig geändert. Martin war Außenseiter und ist es geblieben. Wahrscheinlich, weil er zu denen gehörte, die in keine Schublade passen. Schwer zu sagen, ob ihn die französische oder die deutsche Kultur stärker beeinflusst hat. Mit der Zwölftonmusik ging er sehr individuell um, man hört es bestenfalls unmerklich. Überhaupt hat er sich wohl kaum als Avantgardist gesehen. Ebenso wenig als Repräsentant der neuen Sachlichkeit oder des Klassizismus.
Frank Martin war ein nobler, leiser Individualist, jemand, der eher zu wenig als zu viel Aufhebens um seine Musik machte. Für mich ist er trotzdem einer der Großen in der Musik des 20. Jahrhunderts. Manches von ihm gehört zum Schönsten, was ich kenne. Zum Beispiel "Le vin herbé", der Zaubertrank, eine Art weltliches Kammeroratorium über den Tristanstoff. Ein Segen also, dass jetzt das Armida Quartett und der Pianist Martin Klett Martins frühes Klavierquintett wiederentdeckt haben. Meines Wissens ist seit einem Vierteljahrhundert keine Neuaufnahme erschienen.
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… lohnt sich schon deshalb, weil man die wunderbare Musik des Schweizers Frank Martin viel zu selten hört.
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… wird jeder Fan von großartiger und fantastisch gespielter Kammermusik lieben.
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… kann man gar nicht oft genug hören. César Francks tolles Klavierquintett wird einem jedenfalls nie zu viel.
Mit neunundzwanzig Jahren hat Martin das Quintett komponiert. Die kühle individuelle Meisterschaft späterer Werke besaß er 1919 noch nicht, doch vieles in diesem noch sehr romantisch angehauchten Werk verrät sie bereits. Die charakteristische, herbe Schönheit seiner Harmonien, die leise Melancholie, alles bereits da im wunderbaren, von Martin Klett und dem Armida Quartett genauso wunderbar und mit großer Emphase gespielten ersten Satz.
Eine Entdeckung, selbst für Martin-Fans. Das großartige Klavierquintett von César Franck ist dagegen fast schon ein Klassiker, auch wenn es kühn wäre, das Werk als populär zu bezeichnen. Franck griff in seinen späteren Jahren tief und ungeniert in die Romantik-Kiste. Wer emotionalen Überschwang und herrliche Melodien mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Claude Debussy lag mit seiner Bemerkung, das Quintett sei ein einziger, nicht enden wollender Höhepunkt, alles andere als falsch. Herrliche Musik. Und Martin Klett und die Armidas spielen sie herrlich, so transparent und differenziert als irgend möglich, aber mit der nötigen Power und Begeisterung. Ein richtig schönes Kammermusik-Album.
César Franck:
Klavierquintett f-Moll, FWV 7
Frank Martin:
Klavierquintett f-Moll
Martin Klett (Klavier)
Armida Quartett
Label: CAvi
Sendung: "Piazza" am 17. Juni 2023 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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