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Album der Woche – Puccinis "Trittico" (DVD) Drei Opern, ein Star

Ein Verismo-Knaller im Milieu der Pariser Seine-Schiffer, eine Selbstmord-Tragödie in einem Nonnenkloster des 17. Jahrhunderts und eine Erbschleicherkomödie im mittelalterlichen Florenz – drei extrem unterschiedliche Plots spannte Giacomo Puccini in seinem "Trittico" zusammen. Meist nehmen sich die sich Theater oft nur einen der drei Teile dieses Tritychons vor – nicht so die Salzburger Festspiele im Sommer 2022. Da ging der komplette Dreiteiler in der Regie von Christof Loy über die Bühne. Mit einer fantastischen Besetzung, allen voran Asmik Grigorian als Protagonistin aller drei Opern.

DVD-Cover – Puccini: "IL Trittico" | Bildquelle: Unitel

Bildquelle: Unitel

Der CD-Tipp zum Anhören

Die naive Lauretta, die auf dem Balkon Vögelchen füttert, während ihr Babbo Gianni Schicchi Testamente fälscht - im Ernst: Ist das eine Rolle für Asmik Grigorian? Die 2018 mit ihrer Salzburger Salome den Durchbruch schaffte und diesen Sommer als flammende Lady Macbeth nachlegte? Was sich nach Fehlbesetzung anhört, war ein genialer Schachzug von Regisseur Christoph Loy bei den Salzburger Festspielen 2022. Denn die litauische Sopranistin sang alle drei weiblichen Hauptrollen in Puccinis Operntriptychon. Dessen Teile wurden im Sinne einer zunehmend komplexen Psychologie neu angeordnet. Nach der harmlosen Lauretta schlüpft Grigorian in die Rolle der frustrierten Ehefrau des Schiffers Michele: die von einem ganz anderen Leben träumende Giorgetta.   

Raffiniert verflochtene Leitmotive

Verblüffend vielschichtig ist die Musik dieser drei Kurzopern, in denen Puccini mehr denn je nach neuen Ausdrucksformen suchte: locker fließendes Parlando statt großer Arien, begleitet von einem Orchesterkommentar aus raffiniert verflochtenen Leitmotiven. Franz Welser-Möst und die Wiener Philharmoniker kosten die Kontraste zwischen leidenschaftlichem Ausbruch und lyrischer Transparenz voll aus. Faszinierend, wie sich die Klangsprache von Stück zu Stück verändert: Vom sarkastischen Comedy-Tonfall im dantesken "Gianni Schicchi" über den morbid sehnsüchtigen Walzerklang samt Schiffshupen und schräger Drehorgel in "Il Tabarro" bis zur strahlenden Madonnen-Gloriole in "Suor Angelica".

Kurz und bündig

Diese DVD muss haben, wer …
… ein Fan der litauischen Sopranistin Asmik Grigorian ist! Und/Oder eine fantastische Sängerdarstellerin in drei unterschiedlichen Puccini-Rollen erleben will!

Diese DVD wird lieben, wer …
… selbstverliebte Inszenierungskapriolen genauso verabscheut wie verzopftes Rampentheater: Regisseur Christoph Loy findet seinen eigenen Weg auf den Spuren der Musik.

Diese DVD hat gefehlt, weil …
… Puccinis phänomenales Operntriptychon im Vergleich zu seinen Blockbusters Tosca oder Madama Butterfly noch immer unterschätzt wird.

Bewundernswert unspektakulär

Die Inszenierung von Christof Loy ist bewundernswert unspektakulär: Im einem mit wenigen Requisiten umgestalteten Einheitsraum legt er den Schwerpunkt auf eine psychologisch subtile und musikalisch absolut schlüssige Personenregie. Dass das so großartig funktioniert, liegt auch an der spielfreudigen und stimmlich hervorragenden Besetzung: etwa die ebenfalls in einer Dreifachrolle zu sehende Enkelejda Shkosa, Misha Kiria als Gianni Schicchi oder Roman Burdenko als Michele.

Ein großer Wurf

Natürlich sind Regie und veränderte Reihenfolge auf die schlichtweg umwerfende Asmik Grigorian zugeschnitten, die sich so schrittweise steigern kann von der Heiterkeit des eigentlichen Finalstücks "Gianni Schicchi" bis zum leidvollen Psychodrama einer ins Kloster gesperrten Mutter. Wenn sie als Suor Angelica todgeweiht den kleinen Sohn umarmt, den sie im Leben nie kennenlernen durfte, ist das zugegebenermaßen ein herzzerreißender Ausklang. Aber auch ein großer Wurf der Salzburger Festspiele 2022 – schön, dass wir jetzt per DVD hautnah dabei sein können!

Infos zur CD

Gioacomo Puccini:
"Tosca"


Asmik Grigorian, Misha Kiria, Roman Burdenko, Joshua Guerrero, Karita Mattila, Hanna Schwarz

Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Wiener Philharmoniker
Leitung: Franz Welser-Möst
Regie: Christof Loy

Label: Unitel Edition (DVD)

Sendung: "Piazza" am 02. September 2023 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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