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Album der Woche – Kammermusik von Robert Kahn Wiederentdeckte Perlen

"Was mich zum Schaffen brachte, war, dass ich etwas loswerden wollte und musste". Das schrieb Robert Kahn – ein Komponist, der sich von Moden und Modernismen nie verbiegen ließ. Als Zeitgenosse von Richard Strauss war er ein "später Romantiker" mit starkem Bezug zur Klassik. Nicht deswegen geriet er in Vergessenheit, sondern weil er – wie viele jüdische Kollegen – von den Nationalsozialisten aus einer erfolgreichen Karriere gedrängt wurde. Rahel und Sara Rilling, Töchter von Helmut Rilling und Urenkelinnen von Robert Kahn, stellen jetzt die Kammermusik ihres Vorfahren neu zur Diskussion.

Bildquelle: Hänssler Classic

Den CD-Tipp anhören

"Lieben Sie Brahms?” – Dann werden Sie auch ihn lieben: Robert Kahn. Die gleiche sehnsüchtig singende Melodik, die satten Klangfarben und kraftvolle Rhythmik. Ja, auch die herbstliche Melancholie, die kluge Kontrapunktik und die musikantischen Momente, darüber hinaus eine Prise Leichtigkeit und Witz.   

Viele von Kahns Werken bleiben ungespielt

Wer also war Robert Kahn? Warum hat man bislang kaum etwas von ihm gehört? 1865 als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Kaufmanns- und Bankiersfamilie in Mannheim geboren, studierte er in Berlin und München Komposition und Klavier. Sehr bald machte er durch seine hochinspirierten Kammermusikwerke und Liedzyklen von sich Reden, wurde von Publikum und Kritik geschätzt, wirkte als Professor der Berliner Musikhochschule und Senator der Akademie der Künste. Bis 1933 – mit Hitlers Machtübernahme verlor Robert Kahn alle Ämter, durfte nicht mehr auftreten und veröffentlichen. Er zog sich zunächst in sein Landhaus an der Mecklenburgischen Seenplatte zurück; Dann – nach den Novemberpogromen 1938 – emigrierte er über siebzigjährig schweren Herzens nach England. Vollkommen zurückgezogen komponierte er dort ein "Tagebuch in Tönen", das bis zu seinem Tod 1951 zu einem Klavierzyklus mit über 1.000 Stücken angewachsen war. Ungespielt, wie so viele seiner Werke.

Mitreißend interpretierte Musik

Umso erfreulicher, dass sich Robert Kahns bis heute hochmusikalische Familie mittlerweile selbst um seinen Nachlass kümmert. Allen voran seine Urenkelinnen Rahel und Sara Rilling: Die Geigerin und die Bratschistin begannen vor einigen Jahren, bei ihrem Kammermusik Festival Hohenstaufen in der Nähe von Stuttgart, auch Werke von Robert Kahn aufs Programm zu setzen. Was mit einigem Aufwand verbunden war, denn vieles wurde nie ediert und ist nur im Manuskript überliefert. So auch das mitreißend interpretierte Klavierquintett, das auf der neuen CD des Hohenstaufen Ensembles mit Paul Rivinius am Klavier als Weltersteinspielung zu erleben ist. "Leidenschaft, Wärme, Anmut, vortreffliche Arbeit" bescheinigte schon Clara Schumann dem jungen Kollegen Kahn. "Zwar lehnt er sich sehr an Brahms und Schumann", meinte sie, "doch das schadet nichts, wenn es mit soviel Talent geschieht." Und deshalb: gerne mehr von dieser Familienangelegenheit!

Infos zur CD

Robert Kahn:
Klaviertrio Nr. 4 e-Moll, op. 72
Serenade für Violine, Violoncello und Klavier f-Moll, op. 73
Klavierquintett D-Dur

Hohenstaufen Ensemble:
Gabriel Adorján (Violine)
Rahel Rilling (Violine)
Sara Rilling (Viola)
David Adorjan (Violoncello)
Annika Treutler, Paul Rivinius (Klavier)

Label: Hänssler Classic

Sendung: "Piazza" am 25. Februar 2023 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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