Melancholisch, sinnlich oder gar furienhaft - so sind seine Frauenfiguren. Wie kaum einem anderen Opernkomponisten gelang Richard Strauss die differenzierte Darstellung weiblicher Psyche in der Musik. Davon zeugt auch der Dokumentarfilm "Richard Strauss and his Heroines", der nun als "Musik-DVD-Produktion des Jahres" mit einem Echo Klassik ausgezeichnet wird.
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Die Heldinnen des Richard Strauss sind melancholisch, erotisch-verführerisch oder gar hasserfüllt-blutrünstig. Sie agieren mit großer Leidenschaft und wissen genau, was sie wollen: Selbstbestimmtheit. Das ist nicht das, was die Gesellschaft von ihnen erwartet. Aber sie setzen sich durch.
Richard Strauss hat sich die Villa in Garmisch nach dem finanziellen Erfolg seiner Oper "Salome" errichten lassen. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Regisseur Thomas von Steinaecker braucht nicht viele Worte, um sein Thema vorzustellen: Richard Strauss, der auf den ersten Blick so gemütliche Bayer, der Frauenfiguren konzipiert, die der Musikwelt des frühen 20. Jahrhunderts den Atem verschlagen. Dieser Film lebt vom Mut zum harten Gegenschnitt: Eben noch studiert die Kamera den kindlichen Wahnsinn, der der Salome von Angela Denoke ins Gesicht geschrieben steht – und schwenkt dann in den Park und die Villa des Strauss’schen Anwesens im beschaulichen Garmisch: ein Paradies mit Erkerturm, Loggia und holzvertäfelten Räumen voller Erinnerungen: Möbel, Hinterglasbilder, Jagdtrophäen, Gemälde.
Nie ist Strauss dissonanter gewesen als in seiner "Elektra" von 1909. Und auch die Hauptfigur selbst geht radikal neue Wege. Eine "Kühlerfigur" sei sie für das, was danach kommt. Geschickt verwebt Thomas von Steinaecker Bühne und reale Welt dieses Künstlerlebens – mit packenden Aufführungsausschnitten und mit einem Psychogramm der Sängerin Pauline de Ahna. Erst Schülerin von Richard Strauss und dann seine Frau. 55 Jahre lang. Strauss heiratet sie gegen den Willen seiner Eltern. Sie wird seine Heldin im wahren Leben.
"Richard Strauss und seine Heldinnen": Der nur gut 50-minütige Film zeigt viel – mit prägnanten Werkanalysen und klugen Kommentaren seiner Gesprächspartner. Und er will noch mehr: Professionell behandelt er, mit altem Bildmaterial unterlegt, die Rolle des Münchner Komponisten im Dritten Reich: erst hoch geachtet, dann "persona non grata", weil er nicht vom jüdischen Librettisten Stefan Zweig lassen will. Das ist wichtig und hat doch nichts zu suchen in einer Annäherung an die Frauen im Leben und Schaffen des Künstlers. Da würde man stattdessen viel lieber noch etwas von Arabella, Daphne und der Capriccio-Gräfin erfahren. Die Heldinnen des Richard Strauss – der Schlüssel zum Geheimnis um einen rätselhaften, widersprüchlichen Menschen? Wenn es nur so einfach wäre. Aber ein Anfang ist gemacht - mit dieser Dokumentation.
"Richard Strauss and his Heroines" (Richard Strauss und seine Heldinnen)
ein Dokumentarfilm von Thomas von Steinaecker
mit Brigitte Fassbaender, Renée Fleming, Gwyneth Jones, Inge Borkh, Christa Ludwig, Rufus Wainwright und Franz Welser-Möst
Dauer: 52 min.
als DVD und Blu-ray Disc bei Arthaus Musik erschienen