Beethoven
Freiheit über alles
Vom Herbst 1812 bis 1818 führt Beethoven ein Tagebuch. Ihm vertraut er Gefühle, Gedanken und Pläne an, notiert aber auch Zitate und allgemeine Lebensweisheiten. Die Einträge halten keine Erinnerungen fest, sie sind eher Selbstgespräche. Hier ein Ausschnitt aus dem Jahr 1815, einer Zeit der Krise und Orientierungslosigkeit:
Alles, was Leben heißt, sei der Erhabenen geopfert und ein Heiligtum der Kunst! Laß mich leben, sei es auch mit Hilfsmitteln; wenn sie sich finden.
Die Ohrenmaschinen womöglich zur Reife bringen, alsdann reisen. Dieses bist du dir, den Menschen und ihm, dem Allmächtigen, schuldig. Nur so kannst du noch einmal alles entwickeln, was in dir verschlossen bleiben muss.
Ein kleiner Hof – eine kleine Kapelle – von mir in ihr der Gesang geschrieben, aufgeführt zur Ehre des Allmächtigen, des Ewigen, des Unendlichen. So mögen die letzten Tage verfließen – und der künftigen Menschheit. Händel, Bach, Gluck, Mozart, Haydns Porträte in meinem Zimmer – sie können mir auf Duldung Anspruch machen helfen.
Mein Dekret: Nur im Lande bleiben. (…) Leicht bei einem Bauern eine Wohnung gemietet, um die Zeit [im Winter ]gewiss wohlfeil. Süße Stille des Waldes! Der Wind, der beim zweiten schönen Tag schon eintritt, kann mich nicht in Wien halten, da er mein Feind ist.
(Emerich Kastner, Julius Kapp (Hg.) Ludwig van Beethovens sämtliche Briefe. Leipzig 1923)