Beethoven
Freiheit über alles
Ab Februar 1818 führte Beethoven immer ein „Konversationsheft“ mit sich – eine Möglichkeit für den Ertaubenden, noch kommunizieren zu können. Wer ihm etwas sagen wollte, schrieb es auf, und Beethoven antwortete (zumeist) mündlich. Oft machte er sich aber auch Notizen in den Heften. Hier ein Ausschnitt vom Beginn des ersten erhaltenen Heftes:
NEFFE: Dies hat ja nicht zu Folge, daß ich auch die Würste so essen soll wie Du. Denn was man sich angewöhnt hat, das wird ja anders auch nicht anders.
–
Die Haut ohne Wurst ist auch gut, aber mit W. ist sie besser als das Fleisch allein.
(…)
UNBEKANNTER: Ich erinnere mich noch an die Qual, die Sie bei der Probe von Egmont mit dem Pauker hatten.
BEETHOVEN: Electro vibrations Maschine bei Schwerhörigkeit u. gänzlicher Taubheit
UNBEKANNTER: Ich denke, daß bei Construirung einer Schall-Maschine nicht bloß ein Musiker, sondern ein gründlicher Physiker folglich Akustiker zu Rate gezogen werden müsse.
Die folgenden Eintragungen vom Frühjahr 1819 beziehen sich auf den Streit um Beethovens Neffen Karl. Seine Freunde beraten Beethoven, wie man Karl endgültig der Mutter entreißen kann.
BERNHARD: So lange Sie Vormund sind, und Karl hier bleibt, haben Sie nicht nur alle Sorgen wie bisher, sondern auch immerfort mit seiner Mutter und Ihren Intrigen zu kämpfen.
–
Lassen Sie Karl nur vorläufig wieder zu Kudlich [Inhaber einer Erziehungsanstalt] bringen, indessen kann die Sache in Ordnung gebracht werden.
(…)
UNBEKANNTER: Wo ist er? Bei der Mutter?
–
Aber die Mutter wird immer Mittel finden, sich Einfluss zu verschaffen
–
Es muß alle Kommunikation mit der Mutter unmöglich gemacht werden.
(Ludwig van Beethovens Konversationshefte, hg, von Karl Heinz Köhler u.a., Leipzig 1972-1993)