Seit acht Tagen ist das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit seinem Chefdirigenten Mariss Jansons auf Nordamerika-Tournee. In vier Städten waren sie schon: Washington, Chapel Hill, Montréal und Ann Arbor. Am 17. April stand Chicago auf dem Programm. Doch fast wäre das Konzert dort noch kurzfristig gescheitert. BR-KLASSIK Reporterin Anna Novak war live dabei!
Bildquelle: BR/Julia Müller
BR-Symphonieorchester on Tour
Abenteuer auf dem Highway
Eine Buspanne – mitten auf dem Highway, mitten im amerikanischen Nirgendwo. An der Seite donnern die großen Trucks vorbei, der Bus kommt auf dem Seitenstreifen zum Stehen. "Worst Case" für das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Mit dem Bus sind sie gerade von Ann Arbor auf dem Weg nach Chicago, wo sie in wenigen Stunden Dmitrij Schostakowitschs Siebte Symphonie im Konzert spielen sollen. Doch der Bus, der sie dort hinbringen soll, springt einfach nicht mehr an.
Im April führt eine Nordamerika-Tournee das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in die USA und Kanada. Zu den Stationen zählen unter anderem Washington, Chicago und Montreal. Die Tour findet ihren Abschluss mit zwei Konzerten in der New Yorker Carnegie Hall am 19. und 20. April. Auf der Homepage des Orchester sowie auf dessen Facebook-Seite finden Sie weitere spannende Informationen zur Tour.
Die Zeit ist an diesem Reisetag extrem knapp bemessen, umso ärgerlicher der plötzliche Stopp. Die Musiker sammeln sich auf der angrenzenden Wiese – und nehmen die Sache mit Humor. "Es ist wie damals im Jugendorchester: Panne auf der Autobahn bei zehn Stunden Busfahrt nach Italien. Ich bin jetzt sehr entspannt - wir können eh nix machen“, sagt Pauker Raymond Curffs und schlägt ein spontanes Autobahn-Barbecue vor. Sein Kollege, der Trompeter Martin Angerer, hat’s da einfacher – der hat nämlich sein Instrument dabei und sagt lässig: "Ich geh' jetzt mal 'ne Runde üben!"
Buspannen und stressige Konzerttage sind für Geiger Bernd Herber nichts Neues. Seit 41 Jahren spielt er im BR-Symphonieorchester und hat in den vergangenen Jahren so ziemlich alles miterlebt. An seine erste Reise 1975 erinnert er sich noch gut: "Das dauerte fünfeinhalb Wochen - erst dreieinhalb Wochen in Amerika und dann noch zwei Wochen in Japan. Es ging wirklich an die Grenzen." Richtig kurz wirken da die zwölf Tage, an denen das Orchester auf der aktuellen Tournee unterwegs ist. Und mit WLAN an jeder Straßenecke sind die Musiker ohnehin ständig mit den Daheimgebliebenen vernetzt. Auch das war auf Bernd Herbers erster Konzertreise anders. Da fieberten die Kollegen dem Rückflug besonders entgegen: "Die haben sich vier Wochen lang fast die Köpfe eingeschlagen, wer jetzt in der ersten Maschine nach Hause fliegen darf und wer in der anderen, zwei Stunden später, fliegt. Geendet hat das Ganze damit, dass dann doch alle in der selben Maschine zurück nach München geflogen sind."
Als das Orchester an diesem Tag doch noch wohlbehalten und rechtzeitig in Chicago eintrifft, erwartet sie vor dem Konzert im Chicago Symphony Center eine besondere Überraschung: Riccardo Muti, Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra, begrüßt die Musiker auf der Bühne. Dazu steigt er neben Chefdirigent Mariss Jansons auf das Dirigentenpodest und scherzt:
Ein Dirigent ist schon ein Problem. Zwei Dirigenten - das ist eine Katastrophe!
Groß ist die Wiedersehensfreude – erst vor wenigen Monaten hat Riccardo Muti in München als Gastdirigent ein Konzert des BR-Symphonieorchesters geleitet. Die beiden Musiker liegen sich in den Armen, und Muti macht seinem Kollegen Mariss Jansons ein rührendes Kompliment: "Ich bewundere Ihren Maestro und mag ihn sehr, denn er ist nicht nur ein großer Dirigent, der ein großes Orchester leitet, sondern er ist auch ein wunderbarer Mensch. Und das ist unter Dirigenten äußerst selten!"