Ein seidiges Timbre und zauberhaft schwebende Pianissimi zählen zu den Markenzeichen von Montserrat Caballé. In rund 90 Opernpartien von Gluck bis Puccini war die spanische Sopranistin in ihrer mehr als 55-jährigen Karriere zu erleben. Legendär sind auch ihre Auftritte mit Rockstars wie Freddie Mercury. Am 12. April feiert sie ihren 85. Geburtstag.
Bildquelle: picture-alliance/dpa
ZUM ANHÖREN: MONTSERRAT CABALLÉ IM PORTRÄT
New York 1965: Gala-Abend der American Opera Society in der Carnegie Hall - das Publikum freute sich auf Marilyn Horne in der Titelrolle von Donizettis "Lucrezia Borgia", doch der Star sagte kurzfristig ab. Die Suche nach Ersatz erwies sich bei der damals nahezu unbekannten Oper als so schwierig, dass die Veranstalter schließlich eine junge Sängerin akzeptieren mussten, deren Karriere sich bislang auf die Stadttheater in Basel und Bremen beschränkt hatte. Doch Montserrat Caballé kam, sang und siegte. Ihr sensationeller Auftritt in der Carnegie Hall öffnete der Katalanin aus einer Arbeiterfamilie die Türen der großen Schallplattenstudios und der Metropolitan Opera, wo sie sich in den nächsten Jahren den Titel "La Superba" ersang. Superb an der spanischen Sopranistin sind ihr seidiges Timbre, ihr unglaublich langer Atem und ihre zauberhaft schwebenden Pianissimi. Maria Callas beschrieb sie wie eine "sanfte Brise auf der Haut", den Sängerexperten Jens Malte Fischer erinnert die "melancholische Klarheit" ihres Soprans an "das scharf konturierende Licht der spanischen Hochebene".
Montserrat Caballé mit ihrer Tochter Montserrat Martí. | Bildquelle: © Alberto Morante
Die Vielseitigkeit ihres Repertoires, das rund 90 Opernpartien und Hunderte von Liedern umfasst, ist erstaunlich. Denn Montserrat Caballé widmete sich zwar ausgiebig der Wiederentdeckung vergessener Belcanto-Werke, ist aber genauso bei Mozart und Mascagni, Gluck und Gounod, Pergolesi und Puccini, Strauss und Strawinsky zu Hause. Und sie liebt spanische Zarzuelas.
Musikalische Berührungsängste kennt die bodenständig und humorvoll auftretende Sängerin ohnehin nicht: Auf ihrem Album "Caballé and Friends" ist sie mit Rock-Idolen wie Bruce Dickinson oder Johnny Hallyday zu hören. Ein besonders guter Freund war Queen-Sänger Freddie Mercury: Ihr gemeinsamer, Caballés Heimatstadt gewidmeter Titel "Barcelona" ging als Erkennungsmelodie der Olympiade 1992 um die Welt.
Ich möchte weder den Komponisten, noch das Publikum, noch mich selbst enttäuschen.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Freddie Mercury ft. Montserrat Caballe - Barcelona (Live in Olimpiada Cultural)
Als Montserrat Caballé in den 90er Jahren ihre Opernauftritte aus Gesundheitsgründen einschränken musste, begann sie mit ihrer Tochter, der Sopranistin Montserrat Martí, Konzerttourneen zu unternehmen. Im April 2007 war sie noch an der Wiener Staatsoper in Donizettis "Regimentstochter" zu erleben: fulminant witzig und selbstironisch gab sie die Duchesse de Crakentorp als überdrehte Divenparodie. Seit Montserrat Caballé 2012 einen Schlaganfall erlitt, ist es still um sie geworden. Doch mit rund 4.000 Auftritten in einer mehr als 55-jährigen Karriere hält sie ohnehin einen kaum schlagbaren Rekord an Bühnenpräsenz. Ihr Publikum weltweit hat "La Montse" jedenfalls auch an ihrem 85. Geburtstag in bester und dankbarer Erinnerung - nicht zuletzt für ihre leisen Töne.
Sendung: "Allegro" am 12. April 2018 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK