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Glucks "Alceste" an der Bayerischen Staatsoper Ist Greta Thunberg die moderne Alceste?

Es war ein pralles Theaterfest, als der Choreograph Sidi Larbi Cherkaoui 2016 an der Bayerischen Staatsoper Rameaus "Les Indes galantes" inszenierte. Jetzt kehrt er mit Glucks Tragödie "Alceste" als Regisseur ans Haus zurück. Für die spätbarocke Rhetorik von Glucks Musik sorgt der italienische Dirigent Antonello Manacorda am Pult des Bayerischen Staatsorchesters.

Bildquelle: © W. Hösl

Der Name Christoph Willibald Gluck steht für Opernreform. Sein Ziel: eine "schöne Einfachheit". Schlichtes Libretto, schnörkellose Gesangslinien, durchkomponierte Szenen - gekonnt umgesetzt durch seine empfindsame Musik. In seiner berühmten Vorrede zur italienischen "Alceste"-Partitur schreibt der Komponist: "Als ich mich daran machte, die Musik zu 'Alceste' zu schreiben, nahm ich mir vor, sie gänzlich rein zu halten von all den Missbräuchen, die, eingeführt entweder durch die übel angebrachte Eitelkeit der Sänger oder durch die übermäßige Nachgiebigkeit der Komponisten, die italienische Oper seit so langer Zeit entstellen und das prächtigste und schönste aller Schauspiele in das lächerlichste und langweiligste verwandeln."

Es gibt viele Alcestes auf unserer Welt.
Regisseur Sidi Larbi Cherkaoui

Im Zentrum von Glucks "Alceste" steht, wie im antiken Mythos, das Thema Selbstopfer: Die Titelheldin Alceste will für ihren todgeweihten Mann Admète sterben. Der will ihre Heldentat aber nicht annehmen und bietet ihr eine Art Lebenstausch an. Für Regisseur Sidi Larbi Cherkaoui ist die Opfer-Thematik ganz aktuell – schließlich gäbe es in der heutigen Realität eine Menge Leute, die ihr Leben für eine Idee einsetzen würden. "Denken wir nur an Greta Thunberg, das junge Mädchen aus Schweden, das sich für das Klima engagiert. Ich sehe auch im realen Leben viele tatkräftige Menschen, vor allem viele engagierte Frauen. Es gibt viele Alcestes auf unserer Welt", ist Sidi Larbi Cherkaoui überzeugt.

Tänzer beleben das Bühnengeschehen

Szene aus Glucks "Alceste" an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: © W. Hösl Dem Choreographen Cherkaoui kommt die von Gluck grundlegend überarbeitete Pariser Fassung von 1776 entgegen, weil sie an sich schon viel Ballett enthält. Außerdem birgt für ihn die Musik "etwas Rituelles" – und Cherkaoui inszeniert "Alceste" auch wie ein Ritual. Bühnenbildner Henrik Ahr hat ihm dafür einen schlichten Einheitsraum gebaut, der an stilisierte Tempel-Architektur erinnert. Mit den Tänzern seiner Eastman Company belebt Cherkaoui das handlungsarme Bühnengeschehen. In seine fließende Choreographie bezieht er auch die Solisten und den Chor mit ein, der hier die tragende Rolle des Volkes übernimmt.

Die Einfachheit ist das Schwierigste.
Dirigent Antonello Manacorda

Die Aufgabe, Glucks "schöne Einfachheit" mit musikalischem Leben zu erfüllen, kommt den Protagonisten Dorothea Röschmann und Charles Castronovo zu – vor allem aber dem Dirigenten Antonello Manacorda: "Das ist der Grund, warum ich diese Oper gerne machen wollte – weil die Einfachheit das Schwierigste ist."

Sendung: Glucks "Alceste" live aus dem Münchner Nationaltheater am 26. Mai 2019 ab 17.30 Uhr auf BR-KLASSIK

"Alceste" in München

Christoph Willibald Glucks "Alceste"
Tragédie-opéra in drei Akten (1767 / 1776, Pariser Fassung)

Inszenierung: Sidi Larbi Cherkaoui
Chor und Orchester der Bayerischen Staatsoper
Leitung: Antonello Manacorda

Informationen zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage der Bayerischen Staatsoper.