André Bücker soll demnächst die Leitung des Theaters Augsburg übernehmen. Zu klären gebe es nur noch Details, wie die Stadt am Mittwoch mitteilte. Damit wechselt der 46-Jährige von Dessau an die größte Bühne Schwabens – die bald eine Baustelle sein wird.
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Wenn es so weiter geht, braucht Bayern bald gar keine Theaterintendanten mehr, sondern nur noch Bühnen-Denkmalpfleger. Jedenfalls bröckeln die Spielstätten überall bedrohlich: In Würzburg, Landshut, Nürnberg und Augsburg, und sogar das Bayreuther Festspielhaus ist bekanntlich ein Sanierungsfall. Und wie das so üblich geworden ist bei öffentlichen Baustellen: Keiner weiß, wer es bezahlt und wie lange es dauert.
In Augsburg vergeht kein Tag, an dem die Lokalpresse nicht über das marode Theater berichtet. So ungefähr 190 Millionen soll die Sanierung kosten, 90 Millionen davon entfallen auf die Stadt, Geld, das Augsburg leider nicht hat. Deshalb soll die Summe, kein Witz, bis 2038 abgestottert werden. Immerhin, im übernächsten Jahr, 2017, soll in Augsburg definitiv mit den Bauarbeiten begonnen werden. Die Theaterverantwortlichen in Landshut, Würzburg und Nürnberg wären froh, sie könnten das von sich behaupten.
Das sind also die betrüblichen Rahmenbedingungen, unter denen André Bücker neuer Intendant in Augsburg wird. Er kommt bei seinem Amtsantritt auf eine Großbaustelle, muss sich mit Ausweichspielstätten begnügen. Nicht gerade ein Traumjob – aber Ärger ist Bücker gewohnt: Als Theaterchef von Dessau lag er im Dauerclinch mit den sachsen-anhaltinischen Landespolitikern, die ihm eine Kürzung nach der anderen zumuteten.
André Bücker kann mit Ärger umgehen. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Große Ansprüche wird André Bücker nach seinen Erfahrungen in Dessau an die Augsburger Kulturpolitik kaum stellen. Sein Vorteil: Er darf seinen bisherigen Geschäftsführer Friedrich Meyer mitbringen – die beiden sind ein bewährtes Team. Künstlerisch haben sie einiges vorzuweisen: Aufsehen erregte in Dessau Wagners "Ring des Nibelungen“ in der Bauhaus-Optik. Und es hatte seinen Reiz, das André Bücker sich im März ausgerechnet mit Goethes "Götz von Berlichingen" von Dessau verabschiedete: Lieber mit fliegenden Fahnen untergehen, als sich duckmäuserisch anpassen – so oder ähnlich lautete wohl die gar nicht so unterschwellige Botschaft.
Augsburg darf sich also auf einen unerschrockenen Kulturmanager gefasst machen, der für unruhige Zeiten steht. Besonders ruhig war es ja auch unter Noch-Intendantin Juliane Votteler nicht. Es gab wiederholt Knatsch im Leitungsteam, mit dem Personalrat und auch sehr umstrittene, gleichwohl künstlerisch ambitionierte Produktionen. Mit den Kulturpolitikern in Augsburg lag sie zeitweise im offenen Streit. Zehn Jahre durchzuhalten, ist da schon eine Kunst für sich. Nicht selten lagen bei Juliane Votteler die Nerven blank.
Ob die Augsburger ihrem Theater auch die Treue halten, wenn es jahrelang keine eigene Spielstätte mehr hat, wird sich zeigen. Das Münchener Gärtnerplatztheater ist jedenfalls ein positives Beispiel: Der dortige Intendant Josef Köpplinger bindet sein Stammpublikum, und nicht nur das, trotz Dauersanierung seit über drei Jahren vorbildlich. Da kann sich André Bücker ein Beispiel nehmen. Ende nächsten Jahres soll das Gärtnerplatztheater übrigens endlich im frischen Glanz erstrahlen – Wetten auf den Zeitplan werden noch angenommen.