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Münchner Kulturreferent Anton Biebl Mann mit Kampfgeist

Seit einem Jahr ist Anton Biebl der Münchner Kulturreferent. Wegen Corona heißt seine wichtigste Aufgabe gerade: Sparen. Was bedeutet das für die Kulturprojekte der Stadt – insbesondere für die Gasteig-Sanierung?

Anton Biebl ist am 27.11.2018 zum neuen Kulturreferenten der Stadt München gewählt worden. Er wird das Amt als berufsmäßiger Stadtrat am 01.07.2019 antreten und Dr. Hans-Georg Küppers ablösen, der dann in den Ruhestand eintritt. | Bildquelle: Süddeutsche Zeitung Photo/Robert Haas

Bildquelle: Süddeutsche Zeitung Photo/Robert Haas

Sein erstes Jahr im Amt hatte sich Anton Biebl anders vorgestellt. Vor gut einem Jahr, im Juli 2019, trat er die Nachfolge von Hans-Georg Küppers als Kulturreferent der Stadt München an. Da dachte noch niemand an Corona und daran, wie sehr eine Pandemie die Kulturszene weltweit, aber auch in der bayerischen Hauptstadt, aufrütteln kann. Kampfgeist ist das, so scheint es, was Künstlerinnen und Künstler nun brauchen.

Corona trifft die Stadt gleich doppelt

Münchner Philharmoniker im Gasteig mit Mundschutz | Bildquelle: Hans Engels Das erste Konzert der Münchner Philharmoniker vor 100 Zuhörern im Gasteig. | Bildquelle: Hans Engels Ende Juni war Anton Biebl im Gasteig, beim ersten Konzerten der Münchner Philharmoniker nach der Corona-bedingten Absage aller Konzerte. "Einerseits war es schön, das Orchester wieder zu hören und überhaupt wieder klassische Musik hören zu können", sagt Biebl im Gespräch mit BR-KLASSIK. "Auf der anderen Seite war es natürlich auch sehr, sehr traurig, in einem Raum mit 2400 Plätzen nur 100 Besucher zu haben. Auch unter den strengsten Hygienevorschriften könnten wir 600 Plätze bespielen." Die strikten Regeln der bayerischen Staatsregierung täten weh, sagt Biebl.

Weniger Plätze und weniger Veranstaltungen bedeuten auch weniger Einnahmen. Das ist auch für die Stadt ein Problem: Den städtischen Institutionen fehlen die Eintrittsgelder, das macht sich besonders da bemerkbar, wo ein hoher Prozentsatz der Einnahmen von Kartenverkäufen kommt, etwa am Deutschen Theater. Zusätzlich brechen durch die Corona-Beschränkungen deutschlandweit die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen ein, das zwingt zum Sparen. "Es trifft uns doppelt", sagt Anton Biebl. "Aber man darf auch nicht vergessen: Die Künstlerinnen und Künstler sind die noch stärker betroffen als die städtischen Einrichtungen." Besonders die freie Szene hat durch die Folgen der Pandemie stark zu kämpfen, Ausfallhonorare gibt es nur selten.

Stadt muss 11 Millionen Euro sparen

Nun müssen die städtischen Referate 6,5 Prozent ihres Haushalts einsparen. "Konkret bedeutet das, dass wir im laufenden Haushalt knapp 11 Millionen haben einsparen müssen", sagt Biebl. "Das haben wir auch geschafft, auch mit entsprechenden Schwerpunktsetzungen. Und wir müssen jetzt schon wieder überlegen, wie wir die 6,5 Prozent für 2021 einsparen können."

Der Eingangsbereich des Münchner Stadtmuseums von außen | Bildquelle: BR/Christine Meder Bildquelle: BR/Christine Meder Eine Einsparung ist schon vor einigen Tagen bekannt geworden: Die rot-grüne Stadtregierung will die Sanierung des Münchner Stadtmuseums verschieben, die seit über 20 Jahren geplant war. Wohl mindestens bis 2026. Der Kulturreferent sieht noch einige Fragen offen: "Man muss berücksichtigen, was bereits ausgegeben worden ist: Welche juristischen Verbindlichkeiten sind wir bereits eingegangen, und wieviel verlorene Kosten sind damit verbunden?", sagt er. Außerdem stiegen die Baukosten jährlich, die Sanierung werde also teurer. Letztlich durch den Stadtrat geht die Entscheidung Ende des Jahres. "Bis dahin haben wir noch die Möglichkeit, die wirtschaftlichen und inhaltlichen Auswirkungen verantwortlich mit der Politik zu diskutieren", sagt Biebl. Das wolle er auch tun.

Wenn man einmal Mahlers 'Sinfonie der Tausend' in der Münchner Philharmonie von dem Münchner Philharmoniker gehört hat, dann ist es ein bleibende Eindruck.
Anton Biebl, Kulturreferent der Stadt München

Gasteig-Sanierung noch nicht vom Tisch

Bilder Sanierung | Bildquelle: Architektur Henn / Visualisierungen MIR Konzertsaal unterm Sternenhimmel: So soll der Gasteig nach der Sanierung aussehen. | Bildquelle: Architektur Henn / Visualisierungen MIR Die Sanierung des Stadtmuseums ist nicht das einzige Bauprojekt der Stadt. Im Gegenteil: Die Liste ist lang. Jutier- und Tonnenhalle an der Dachauerstraße, der Neubau des Volkstheaters auf dem Schlachthofgelände und natürlich: Der Gasteig. Bis zu 450 Millionen Euro soll die Sanierung des größten Kulturzentrums Europas mit Konzertsälen, Bibliothek und Volkshochschule kosten. Schon seit Jahren sagen Kritiker: Eine Teilsanierung, die nur das Allernötigste wie den Brandschutz verbessert, würde es auch tun. Der Stadtrat stimmt im Herbst über 25 "Steckbriefe" ab, über Sanierungsteile, die entweder durchgeführt oder gestrichen werden können.

"Wir werden mit der Politik verantwortlich anhand dieser 25 Steckbriefe noch einmal prüfen: Was geht? Was geht nicht?", sagt Biebl. Er sei derzeit aber positiv gestimmt, denn die Gasteig GmbH plane weiterhin im Kostenrahmen. Außerdem sei die Interimsspielstätte an der Hans-Preißinger-Straße mit einer Investitionssumme von ungefähr 90 Millionen bereits im Bau und nicht mehr zu stoppen. Die Generalsanierung ist also noch nicht vom Tisch. "Ich werde mich dafür einsetzen", sagt Biebl gegenüber BR-KLASSIK. "Letztlich wird es dann eine politische Entscheidung, die ich dann als Teil der Verwaltung auch akzeptieren muss."

Kultur ist keine freiwillige Leistung

Als Kulturreferent muss Biebl die Entscheidungen akzeptieren, das heißt aber nicht, dass er keine Meinung dazu hätte. "Mich ärgert, wenn der Kulturhaushalt immer gleich als flexibel oder als freiwillige Leistung dargestellt wird", sagt er. Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat, so steht es im Artikel 3 der bayerischen Verfassung. "Das ist ein verfassungsrechtlicher Auftrag, das darf man nicht geringschätzen", sagt Biebl. Außerdem dürfe man nicht unterbewerten, welchen wichtigen Beitrag die Kultur zum gesellschaftlichen Zusammenhalt biete. "Ich glaube, wir leisten einen ganz erheblichen Beitrag für den gesellschaftlichen Frieden in unserer Stadt. Dahinter stehe ich und da habe ich auch entsprechenden Kampfgeist."

Sendung: "Allegro" am 27. Juli 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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