Im Skandal um die ECHO-Verleihung an die umstrittenen Rapper Kollegah und Farid Bang haben jetzt auch Daniel Barenboim, Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle angekündigt, ihre Auszeichnungen zurückzugeben.
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Die Barenboim-Said Akademie teilte am Montag in Berlin mit, die Entscheidung Barenboims, seine ECHO-Preise zurückzugeben, sei gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin und dem West-Eastern Divan Orchestra getroffen worden.
"Kommerzielle Interessen dürfen nicht überwiegen, wenn es um so essenzielle Fragen des Anstands und unserer Menschlichkeit geht", begründete der Chefdirigent der Berliner Staatskapelle und Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden seinen Schritt. Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und die offene Verachtung von vermeintlich Schwächeren und Minderheiten seien ein Missbrauch von Freiheit, "den wir als Gesellschaft niemals tolerieren dürfen", sagte Barenboim.
Daniel Barenboim wurde laut ECHO-Homepage zwischen den Jahren 2000 und 2013 insgesamt acht Mal mit dem Musikpreis ausgezeichnet, unter anderen zusammen mit der Staatskapelle und dem West-Eastern Divan Orchestra, das er als Nahost-Versöhnungsprojekt gegründet hat.
Bildquelle: Matthias Creutziger Auch die Sächsische Staatskapelle Dresden distanzierte sich in aller Deutlichkeit vom ECHO. Das Orchester war für seine Einspielung der 9. Symphonie von Anton Bruckner mit Fabio Luisi 2009 damit ausgezeichnet worden. "Ein Preis, der Verkaufszahlen über alles stellt und am Holocaust-Gedenktag einem Live-Auftritt stattgibt, der einer Verhöhnung der Opfer des Dritten Reiches gleichkommt, wird zum Symbol eines Zynismus, für den wir nicht stehen", erklärte die Staatskapelle am Freitag. Außerdem hieß es, Chefdirigent Thielemann schließe sich der Haltung der Musiker an und gebe seinen ECHO KLASSIK von 2004 zurück.
Die Auszeichnung der beiden Rapper am 12. April hatte eine breite Debatte über Antisemitismus ausgelöst. Kollegah und Farid Bang erhielten den Echo für ihr Album "Jung, Brutal, Gutaussehend 3" in der Kategorie Hip-Hop/Urban National, obwohl bereits ihre Nominierung auf großen öffentlichen Protest gestoßen war. Auf dem Album findet sich etwa die Textzeile "Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow". Im Song "0815" heißt es: "Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen".
Inzwischen haben etliche ECHO-Preisträger ihre Auszeichnungen aus Protest zurückgegeben. Darunter das Notos Quartett, der Pianist Igor Levit und Dirigent Enoch zu Guttenberg. Der Safthersteller Voelkel hat sich als Sponsor der Preisgala ebenfalls zurückgezogen. Der Bundesverband Musikindustrie, der die Auszeichnungen vergibt, denkt über grundlegende Änderungen bei Nominierung und Preisvergabe nach.
Kommentare (2)
Donnerstag, 26.April, 08:33 Uhr
Laurence Wuillemin
symbolisches Zeichen
Musik spielt für die meisten Leute eine ganz große Rolle als verbindendes Element, leider wird sie auch missbraucht, um unwürdige und menschenverachtende Botschaften zu transportieren, das ist fatal und darf nicht sein! Die Rückgabe ist selbstverständlich, wer mag sich noch damit identifizieren?
Aber unglaublich ist schon, dass die Echo-Gremien nichts gemerkt haben!?! Sind sie taub vom rechten Ohr?
Montag, 23.April, 19:03 Uhr
Hermann Schmidt
Echo-Rückgabe
Es ist absolut wichtig, dass die meisten herausragenden Künstler nun ihre ECHO-Auszeichnungen zurückgebe, Obwohl es nicht besonders viel Mut erfordert eine solche Auszeichnung wie vom Schrank zu nehmen, haben diese Gesten dennoch einen besonders hohen Wert in der Außenwirkung. Denn so wird vielen Menschen noch bewusster, dass Menschlichkeit, Moral und Anstand auf der Strecke bleiben, wenn der Mammon über all das triumphieren kann. Das ist wohl in diesem Fall vorbei. Der ECHO steht als Skelett da. Das hat auch etwas für sich!