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Festspielhaus und Flüchtlingslager Eine etwas andere Geschichte vom Grünen Hügel

Fast 40.000 Opfer von Flucht und Vertreibung kamen nach Kriegsende in Bayreuth an. Im Festspielhaus, im Chorprobensaal und im Festspielrestaurant wurde ein Flüchtlingslager eingerichtet, in dem zeitweilig 500 Menschen untergebracht waren. Der Sudetendeutsche Peter Hucker lebte für zwei Jahre im Lager auf dem Grünen Hügel. Nach 60 Jahren kehrte er dorthin zurück – als Festspielbesucher.

Bildquelle: Peter Hucker

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Der Tag, an dem der 16-jährige Peter Hucker und seine Familie mit dem Zug in Bayreuth ankommen und die Baracke mit Rosengarten neben dem Festspielhaus erreichen, die einst das Festspielrestaurant war, ist ein Junitag im Jahr 1948. Anders als die Deutschen, die direkt nach Kriegsende vertrieben wurden, durfte die Familie Hucker die Tschechoslowakei drei Jahre lang nicht verlassen, da der Vater als "systemrelevanter" Industrie-Spezialist galt. Doch die Restriktionen gegen die in der Tschechoslowakei verbliebenen Deutschen waren drastisch: Auf Grundlage des Benes-Dekrets 71 musste Peter bereits als 15-Jähriger arbeiten. Viel mehr erzählt Peter Hucker nicht über die Zeit vor der Ausreise, spürbar ist: Bayreuth bedeutete für ihn und seine Familie damals Hoffnung. Dort fühlten sie sich in Sicherheit, wurden verpflegt und untergebracht. Der Vater suchte sogleich nach einer Arbeitsstelle und Sohn Peter war bemüht, Lernstoff nachzuholen, um nach dreieinhalb Jahren Pause wieder in die Schule einsteigen zu können.

Schwierige Situation im Lager

Flüchtlingslager neben den Bayreuther Festspielhaus | Bildquelle: Peter Hucker Bei der Essensausgabe im Flüchtlingslager beim Bayreuther Fetspielhaus | Bildquelle: Peter Hucker Im Lager leben zu diesem Zeitpunkt noch insgesamt 470 Menschen. Sie schlafen in Stockbetten, davon gut die Hälfte in dem Saal, in dem auch die Familie Hucker untergebracht ist. Die Flüchtlinge stehen bis zu eineinhalb Stunden an der Essensausgabe an – meistens gibt es Maissuppe – sie putzen das Lager, waschen sich oder die Wäsche in Blechrinnen mit kaltem Wasser. Zum Lernen gibt es dort zunächst keinen Tisch, darum wird der Festspielpark Peter Huckers Studierzimmer: "Ich hatte im Park einen Lernplatz. Auf der linken Seite des Parks waren Steinfiguren, dorthin habe ich mich mit meiner Deutschlektüre zurückgezogen. Denn im Lager herrschte, auch als es ausgedünnt wurde, doch immer ein recht hoher Lärmpegel."

Geschichtsträchtiges Konzert in Bayreuth

Anders als weiter entlegene Lager bot das in Bayreuth mehr Teilhabe am Leben. Für die Geflüchteten bedeutete das: zur Schule gehen, Menschen treffen und Theater und Konzerte besuchen – sogar ein ganz geschichtsträchtiges im April 1949. Das Festspielhaus wurde damals mit einem Beethoven-Konzert feierlich wiedereröffnet, Tickets dafür gab es für 1,50 Mark. Zum Vergleich: Jeder Lagerbewohner bekam zu deer Zeit 40 Mark, eine Nachhilfe-Stunde kostete drei Mark.

Die Bayreuther Festspiele kehren 1951 zurück

Flüchtlingslager neben den Bayreuther Festspielhaus | Bildquelle: Peter Hucker Das Festspielrestaurant auf dem Grünen Hügel nach dem Zweiten Weltkrieg | Bildquelle: Peter Hucker 1950 findet Peters Vater eine Anstellung in Kassel, die Familie verlässt das Lager. Kurz darauf wird es aufgelöst und ein Jahr später beginnen in Bayreuth die ersten Festspiele nach dem Krieg. Zweimal kehrt Peter Hucker nach Bayreuth zurück – als Besucher der Festspiele. Einmal mit einer Studentenkarte in den 50er-Jahren. Und einmal mehr als 60 Jahre nach seiner Zeit im Flüchtlingslager. Sofort erkennt er, dass der Grundriss des Restaurants noch der gleiche wie damals ist. "Genau diesen Platz hab ich mir wieder gesucht, als ich 2012 beim 'Parsifal' war. Doch dann habe ich dort nicht Eintopf aus dem Container gegessen, sondern ein schönes Steigenberger-Menü." Immer in dem Bewusstsein, dass man diese Zeit gut überwunden hat.

Sendung: "Leporello" am 19. August 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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