Singen ist gesund und macht glücklich! Das ist sogar wissenschaftlich belegt. Der Musikwissenschaftler Gunter Kreutz forscht intensiv zu dem Thema. Jetzt erklärt er, welche positive Wirkung Chöre auch auf unsere Gesellschaft haben können – wenn sie allen Menschen offen stehen.
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Kinder sollten nach Überzeugung des Oldenburger Musikwissenschaftlers Gunter Kreutz bereits im Kindergartenalter mindestens 25 Lieder aus fünf unterschiedlichen Erdteilen lernen. So könnten sie mit Kulturgütern bepackt in die Grundschule kommen, sodass die Weichen für kulturelle Teilhabe und positive soziale Erfahrung gestellt seien, sagte der Professor an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg. Darauf könne der Mensch ein Leben lang zurückgreifen.
Selbst Menschen im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz seien noch für Gesang erreichbar und erinnerten sich an einst gelernte Liedtexte. Gemeinsames Singen habe eine integrierende Wirkung, betonte Kreutz. "Wir singen nicht um des Singens willen, sondern um der anderen Menschen willen", sagte er.
Der Musikwissenschaftler und -psychologe Prof. Dr. Gunter Kreutz war auch im BR-KLASSIK-Podcast "Kosmos Musik" bei Suzanna Randall zu Gast – in der Podcast-Folge "Warum macht Singen glücklich?" Hier geht zu allen Folgen der aktuellen Staffel zum Thema ChorSingen.
Die Gesellschaft und die zwischenmenschlichen Verbindungen seien fragil, wie die Corona-Pandemie gezeigt habe, erklärt Kreutz. Nun ginge es darum, Strategien zu entwickeln, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Eine davon könne das gemeinsame Singen sein. Das habe es historisch in allen menschlichen Kulturen gegeben. Chöre könnten mit familiären Verbünden verglichen werden, sagte er. Viele Menschen blieben ihnen über Jahrzehnte treu.
Der Musikwissenschaftler kritisierte, dass Chorsingen nicht allen Menschen gleichermaßen offenständen. "Die Chöre in Deutschland sind Mittelstands-Enklaven", sagte Kreutz. Nicht-Akademiker oder arbeitslose Menschen kämen im organisierten Chorwesen kaum vor. Auch für Menschen mit Migrationsgeschichte sei der Zugang zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten nicht einfach. "Wir haben lange gebraucht, um zu realisieren, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind. In den Chören ist das noch längst nicht angekommen."
Der Artikel wurde aus Material des epd erstellt.