Zu Corona-Zeiten hat sich die Kulturszene ins Internet verlagert. Konzerte, Kleinkunst, Events – das alles kommt als Video-Livestream zum Publikum. Technisch ist das alles ganz einfach möglich, zum Beispiel über Plattformen wie Facebook oder YouTube. Doch es gibt eine Stolperfalle, die viele Künstler beim munteren Streamen nicht bedenken: den Rundfunkstaatsvertrag. Wer in Bayern fernsehähnliche oder radioähnliche Inhalte verbreitet, muss das anmelden, und zwar bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien. Aber wann gilt ein Stream als Rundfunk?
Bildquelle: dpa-Bildfunk/medico international/obs
Das Duo Steppiano musiziert, tanzt und erzählt Geschichten auf der Bühne. Der Zuschauerraum ist leer, bis auf eine Kamerafrau. Sie filmt die Show, die live auf YouTube übertragen wird, und zoomt dabei immer wieder an die beiden Künstler heran. Der Verein ars musica hat den Livestream initiiert, der regelmäßig am Freitag zu sehen ist. Künstler sollen so Auftrittsmöglichkeiten bekommen, erklärt Vereinsvorstand Roland Fritsch: "Wir dachten, das ist für uns eine Chance und durch den mitlaufenden Chat können wir ja auch mit dem Publikum kommunizieren. Durch den virtuellen Applaus und die Kommentare hat man eigentlich einen ganz guten Ersatz für ein Konzert."
Womit der Verein nicht gerechnet hat: Ihr Format gilt laut Rundfunkstaatsvertrag als Rundfunk, also als radio- beziehungsweise fernsehähnlich. In diesem Fall braucht man normalerweise eine Genehmigung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Diese Lizenz kostet je nach Verwaltungsaufwand und Format einmalig zwischen 100 und 10.000 Euro. In Corona-Zeiten verzichten die Medienanstalten vorerst auf diese Gebühren, so BLM-Präsident Siegfried Schneider: "Wir haben als Medienanstalten zu Beginn der Coronakrise beschlossen, dass wir in dieser speziellen Situation dulden, dass ab sofort gestreamt werden kann. Wer aber längerfristig plant, Rundfunk zu machen, für den besteht die Pflicht laut Rundfunkstaatsvertrag, eine Lizenz zu beantragen."
BLM-Präsident Siegfried Schneider | Bildquelle: Ralf Wilschewski / BR Anmelden muss man seine Rundfunk-Übertragung in jedem Fall, sonst droht ein Bußgeld. Für die Anzeige des geplanten Rundfunks hat die BLM auf ihrer Website ein Online-Formular bereitgestellt. Sie will wissen, wer für den Inhalt verantwortlich ist, für wann er geplant ist, wie gefilmt wird und was genau dort zu sehen oder zu hören ist. "Die Fragen sind letztlich auch notwendig, um entscheiden zu können: Ist es Rundfunk, passen die Bedingungen und wie wird das Lizenzverfahren dann durchgeführt", erklärt BLM-Präsident Schneider. "Wenn beispielsweise eine Kamera starr eingesetzt ist und etwas abgefilmt wird, wäre es zum Beispiel nicht Rundfunk."
Bis zum 1. Juli 2020 soll der Rundfunk von kulturellen Angeboten zunächst gebührenfrei bleiben. Ob anschließend wieder Lizenzkosten anfallen, wird die BLM Ende Juni entscheiden, je nach aktueller Corona-Lage. Roland Fritsch vom Verein ars musica hat seinen Konzert-Livestream inzwischen bei der BLM angemeldet. Aber er ist sich unsicher, ob er das Angebot fortführen kann, wenn eine Lizenz nötig wird: "Wenn das sehr kostenintensiv ist, würden wir keinen Livestream mehr machen, wir würden es dann einstellen", sagt er und begründet es durch die finanzelle Situation. "Wir sind ein gemeinnütziger Verein, wir arbeiten alle ehrenamtlich, das ist einfach nicht leistbar."
Sendung: "Allegro" am 28. Mai 2020 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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