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Corona-Soforthilfe in Bayern Bessere Unterstützung für Künstler

Von der Corona-Krise sind viele freischaffende Künstler besonders hart betroffen. Musiker können nicht mehr auftreten und stehen plötzlich ohne Einnahmen da. Die Corona-Soforthilfe von Bund und Ländern unterstützt da nur bedingt. In Bayern gingen die Künstler zumindest bislang nahezu leer aus. Allerdings gibt es jetzt Grund zur Hoffnung.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Auswirkungen von Corona

Soforthilfe für freischaffende Künstler in Bayern

"Es trifft mich frontal", erzählt Stefan Schneider. Wie dem Münchner Klarinettisten geht es den meisten freischaffenden Künstlern in der Corona-Krise: Keine Konzerte, kein Geld. "Was meine finanziellen Einnahmen angeht, bin ich auf null - und das seit Mitte März." Für Solo-Selbstständige wie Stefan Schneider gibt es die Corona-Soforthilfe von Bund und Ländern. Nur: für freischaffende Künstler stehen die Chancen bislang schlecht, davon auch wirklich zu profitieren.

Corona-Soforthilfe - für Künstler bislang kaum eine Hilfe

Soforthilfe-Antrag | Bildquelle: picture-alliance/dpa Beim Antrag für die Corona-Soforthilfe sind freischaffende Künstler bislang meist durch's Raster gefallen. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Den Online-Antrag auf Soforthilfe hat Stefan Schneider gestellt - beim Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Seitdem wartet er. Durch die Corona-Soforthilfe sollen kleine Unternehmen und Soloselbstständige in Bayern liquide bleiben. 9.000 Euro bekommen Kleinunternehmer mit bis zu fünf Mitarbeitern insgesamt vom Bund und vom Land Bayern - für einen Zeitraum von drei Monaten. Bisher diente das Geld dazu, betriebliche Ausgaben wie beispielsweise Miete oder Leasingraten bezahlen zu können. Allerdings haben freischaffende Künstler in der Regel kaum betriebliche Ausgaben.

Verunsicherung und Wut

"Ich hab mich im Vorfeld erkundigt - bei einem Rechtsanwalt, bei meiner Steuerberaterin und bei verschiedenen Kollegen", erzählt Peter Tilling, Dirigent und Leiter des Ensembles risonanze erranti. Er ist verunsichert, inwieweit die Corona-Soforthilfe für freischaffende Künstler wie ihn überhaupt zutrifft. Die Ratschläge, die Tilling bekommen hat, waren unterschiedlich: beantragen ja oder nein? Schließlich hat er sich dazu entschlossen, es zu probieren. "Einfach, um es gemacht zu haben", sagt er.

Die Notwendigkeit ist absolut da.
Peter Tilling, freischaffender Dirigent

Als betriebliche Ausgaben konnten Musiker die Miete von Proberäumen geltend machen oder die Wartung des Instruments. "Dagegen“, so bestätigte eine Sprecherin des Bayerischen Wirtschaftsministeriums BR-KLASSIK, "können Kosten des privaten Lebensunterhalts wie die Miete der Privatwohnung oder Krankenversicherungsbeiträge sowie ausfallender Gewinn nicht durch die Soforthilfe abgedeckt werden." Freischaffende Musiker leben aber von Konzerthonoraren.

Monatlich 1.000 Euro für Künstler in Bayern

Monika Grütters | Bildquelle: picture-alliance/dpa Monika Grütters stellte im März den Rettungsschirm für Soloselbstständige vor. Die Umsetzung in den Bundesländern ist jedoch verschieden. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Im März hat der Bund die Corona-Soforthilfe ins Leben gerufen. Unabhängig davon haben einzelne Länder eigene Hilfsmaßnahmen gestartet. So gab es beispielsweise gleich zu Beginn der Krise in NRW 2.000 Euro Sofort-Unterstützung für freischaffende Künstler. In Berlin wurde die Unterstützung von Bund und Land nicht miteinander verrechnet, sondern aufaddiert. So konnte ein Kleinunternehmer im Idealfall 14.000 Euro Soforthilfe bekommen. In Baden-Württemberg bekommen freischaffende Künstler 1.180 Euro monatlich für den privaten Lebensunterhalt. Diese Ungleichbehandlung wurde von verschiedenen Seiten immer wieder kritisiert. Offensichtlich mit Erfolg.

Bayern ist ein Kulturstaat und wir wollen die Künstler nicht alleine lassen.
Markus Söder, Bayerischer Ministerpräsident

Am Montag sagte Ministerpräsident Markus Söder in seiner Regierungserklärung, dass nun auch in Bayern soloselbständige Künstler mit monatlich 1.000 Euro unterstützt werden sollen - zunächst für drei Monate. Dabei betonte Söder, dass Bayern ein Kulturstaat sei, der seine Künstler nicht allein lasse. Die Hilfe erhalten alle Künstler, die in der Künstlersozialversicherung Mitglied sind und eidesstattlich versichern, durch die Corona-Krise "im Bereich der Liquidität schlecht gestellt" zu sein.

Neues Künstlerhilfsprogramm in Bayern

Wer kann das neue Künstlerhilfsprogramm in Anspruch nehmen?
Bayerische soloselbständige Künstlerinnen und Künstler, die in der Künstlersozialkasse organisiert sind.

Wann startet die Unterstützung?
Laut dem Bayerischen Kunstministerium werden die Fördergrundsätze derzeit unter Hochdruck erarbeitet und zeitnah auf der Homepage des Ministeriums bekanntgegeben.

Wo kann der Antrag gestellt werden?
Beantragt werden kann die Förderung bei den Regierungsbezirken und der Landeshauptstadt München.

Wann erfolgt die Auszahlung?
Aktuell betrage die Wartezeit nach Antragstellung siebe Tage bis zwei Wochen, so Minister Sibler.

Was muss nachgewiesen werden?
Ähnlich wie bei den Wirtschaftsförderprogrammen ist der Antrag knapp gehalten. Eine eidesstattliche Versicherung per Unterschrift soll als Nachweis für einen Liquiditätsengpass genügen.

Wie lange wird die Unterstützung gezahlt?
Geplant sind aktuell drei Monate.

Alternative: "Grundsicherung mit erleichtertem Zugang"

Markus Söder, Bayerischer Ministerpräsident | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2020 Markus Söder am 20. April im Bayerischen Landtag | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2020 Bislang wurden die freischaffende Künstler im Rahmen des Sozialschutzpakets auf die Grundsicherung verwiesen, sprich Arbeitslosengeld II. Dafür gebe es derzeit einen erleichterten Zugang - angeblich schnell und unbürokratisch. Für die ersten sechs Monate entfalle sogar die Vermögensprüfung, heißt es. Doch die Sache hat einen Haken: Der Antragsteller darf kein "erhebliches Vermögen" haben. Die Grenze liegt bei 60.000 Euro, für jede weitere im Haushalt lebende Person erhöht sich die Summe um weitere 30.000 Euro.

Und da zählen neben Geld auch Aktien dazu, Lebensversicherungen, Bausparverträge, Altersversorgungen wie Riesterrenten, Wohneigentum, Autos und Wertgegenstände wie Schmuck. Immerhin eine gute Nachricht für Musiker gibt es. Laut Fachberater Ringo Gruchenberg vom Jobcenter München werden Instrumente nicht bei der Vermögensprüfung berücksichtigt, solange sie für die selbständige und künstlerische Tätigkeit nötig sind.

Es ist nicht richtig, da nur Hartz-IV als Alternative anzubieten.
Markus Söder

Die wenigsten Freischaffenden Künstler haben diese Grundsicherung bislang beantragt, sagt Carola Kupfer vom Bayerischen Landesverband für Kultur- und Kreativwirtschaft. "Von den vielen, die das betrifft, sind schätzungsweise 70% überhaupt nicht bereit, das zu beantragen", berichtet sie von dem Feedback, das der Verband bekommt. Das habe auch weniger finanzielle Gründe als vielmehr psychologische. "Da ist ein Künstler über Jahre, vielleicht Jahrzehnte erfolgreich in seinem Beruf, und jetzt kommt etwas unverschuldet, eine Katastrophe wie Corona. Und nun soll er praktisch ins soziale Abseits gedrängt werden? Das geht nicht." Das gab auch Markus Söder am Montag bei der Pressekonferenz zu: "Ganz ehrlich: Ich finde, dass es nicht richtig ist, da nur Hartz-IV als Alternative anzubieten."

Weitere Hilfsangebote

Seit Söders Ankündigung vom Montag wird diese Alternative für Künstlerinnen und Künstler wohl nicht mehr nötig sein. Unabhängig davon können freischaffende noch Hilfe beantragen bei der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) oder auch bei der Deutschen Orchester Vereinigung. Auch die Deutsche Orchesterstiftung hat Spenden gesammelt, um freischaffende Musiker zu unterstützen.

Das sind Tropfen auf den heißen Stein.
Stefan Schneider, Klarinettist

"Die 250 Euro von der GVL habe ich gleich in Anspruch genommen", erzählt Klarinettist Stefan Schneider: "Das hat sehr unbürokratisch und schnell funktioniert." Die GVL ziehe sogar Ausschüttungen vor, habe also sehr genau das Problem der freischaffenden Künstler verstanden. Die anderen Hilfen hat Schneider nicht beantragt. Er weiß, dass die zu Verfügung stehenden Summen bei weitem nicht ausreichen, um alle Betroffenen zu unterstützen. "Das, was da reingeht, sind Tropfen auf den heißen Stein". Umso größer ist nun die Hoffnung, dass die von Markus Söder zugesagte Unterstützung von Künstlern auch über die Dauer von drei Monaten hinaus gelten wird - zumindest solange, bis der Konzertbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Und vielleicht kann die Unterstützung, wie sie in Baden-Württemberg und nun auch Bayern umgesetzt werden, auch Vorbild für die anderen Bundesländer sein.

Deutsche Orchestervereinigung fordert Anrechnung ausgefallener Gagen

Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) appelliert an Bund und Länder, die bestehenden Soforthilfe-Programm der Lebenssituation freischaffender Musikerinnen und Musiker anzupassen. Diese fielen bei den meisten Programmen durch das Raster, heißt es in einer Pressemitteilung vom 21. April, "weil die Hilfen an betriebliche Belastungen wie Mieten, Leasingraten und andere Sachkosten gekoppelt oder inzwischen erschöpft sind". So fordert Gerald Mertens, Geschäftsführer der DOV, freischaffenden Künstlerinnen und Künstler nicht auf die Grundsicherung zu verweisen: "Um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern, ist es notwendig, zum Beispiel den aktuellen Umsatzeinbruch zum Maßstab der Soforthilfe zu machen."

Problem: Keine Planungssicherheit für freischaffende Künstler

Nils Mönkemeyer | Bildquelle: Irène Zandel Bratschist Nils Mönkemeyer sieht ein großes Problem bei der Planungssicherheit | Bildquelle: Irène Zandel Der Bratschist Nils Mönkemeyer ist als Solist auf der der ganzen Welt tätig. Außerdem hat er eine Professur an der Hochschule für Musik und Theater in München. Deshalb ist er von der Corona-Krise nicht so existenziell betroffen wie viele seiner Kollegen. Gerade was die Planungssicherheit angeht, sieht er hier ein großes Problem für freischaffende Musiker. "Natürlich habe auch ich viele Konzerte und viel Geld verloren, aber die Planungssicherheit geht ja sehr langfristig", so Mönkemeyer. Derzeit würden bereits die Konzerte für 2021/22 geplant. "Mein Kalender ist für die nächsten eineinhalb Jahre komplett voll. Dadurch habe ich auch eine Gewissheit, dass ich sofort wieder beschäftigt bin, wenn wieder Konzerte stattfinden." Bei Musikern in freien Ensembles sei das nicht der Fall. "Da hat man keinerlei Sicherheit", so Mönkemeyer.

Update 14. Mai 2020: Mehr Geld für Künstler angekündigt

Die Bayerische Staatsreguierung hat die Hilfen nun ausgeweitet: Auf einer Pressekonferenz am 14. Mai 2020 haben Ministerpräsident Markus Söder und Kunstminister Bernd Sibler einen "Rettungsschirm" für Kunst und Kultur vorgestellt. Unterstützung sollen nach dieser neuen Regelung nicht nur Mitglieder der Künstlersozialkasse (KSK) abrufen können, sondern alle, die KSK-Berufen nachgehen, auch wenn sie nicht Mitglied sind. Auch kleine Theater und Musikschulen sollen Geld bekommen. Mehr Informationen bei BR24.

Sendung: "Allegro" am 21. April 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (4)

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Donnerstag, 23.April, 17:36 Uhr

BR-KLASSIK

Antrag

Liebe Kommentierende,
wir haben den Artikel ergänzt: Der Antrag wird aktuell vorbereitet. Wie man die Soforthilfe dann beantragen kann, wird nach unseren Informationen so schnell wie möglich auf der Homepage des Bayerischen Kunstministeriums bekanntgegeben.

Viele Grüße
Ihr BR-KLASSIK-Team (heo)

Mittwoch, 22.April, 21:48 Uhr

Ana Prati Goulart

Ballett- und Tanzschulen sind auch betroffen

Für Ballett- und Tanzschulen ist es eine äußerst unsichere Situation. Da gibt es zahlreiche Verträge mit den SchülerInnen, die plötzlich nicht erfüllt werden können.
Viele LehrerInnen sind freiberuflich an mehreren Schulen tätig und leben, so wie Musiker, von ihren Honorare.
Ich habe nirgends gelesen, erinnere mich aber daran, dass dieses “Geschäftsmodell“ von der Politik durchaus gewollt ist, Sprichwort “Ich AG“.

Mittwoch, 22.April, 14:43 Uhr

Ingmar

Antrag?

Können Sie mir bitte sagen, wo ich den Antrag für Künstler finde? Im Artikel verlinkt ist leider nur die Soforthilfe für Gewerbetreibende...

Dienstag, 21.April, 20:32 Uhr

Marita Bach

Antrag?

Wo kann ich den Antrag der gestern verkündeten Soforthilfe für Künstler finden? Ich habe ihn noch nirgends entdeckt. Können Sie mir vielleicht helfen?

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