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Cristian Măcelaru beim Bayerischen Staatsorchester Ein Dirigent von Maß und Mitte

Drei Werke von drei russischen Komponisten machen einen echt russischen Abend. Oder? Nicht, wenn sie so unterschiedlich sind und sich auch in der Interpretation jedem Klischee entziehen. Cristian Măcelaru ist Chefdirigent des WDR Sinfonieorchesters und Musikdirektor des Orchestre national de France. Gerade ist er zu Gast an der Bayerischen Staatsoper und dirigierte am 10. Januar 2022 das 3. Akademiekonzert. Auf dem Programm: Werke von Mili Balakirew, Igor Strawinsky und Sergej Rachmaninow.

Cristian Macelaru dirigiert | Bildquelle: W. Hoesl

Bildquelle: W. Hoesl

Hans von Bülow, einer der besten Pianisten im ausgehenden 19. Jahrhundert, bezeichnete Mili Balakirews "Islamey" als das schwierigste Klavierstück überhaupt. Sergej Ljapunov hat aus dem Virtuosenstück eine knallig-schmissige Orchesterfassung erstellt. Wie so oft bei solchen Werken liegt das Heil vor allem in der Detailarbeit, den Nuancen und Feinheiten. Cristian Măcelaru sucht zwar nicht aktiv den Effekt, allerdings gerät hier doch einiges zu rumpelig, nicht alle Scharniere im Bayerischen Staatsorchester greifen ineinander, das Schlagwerk wird überbetont. So fehlt die Lockerheit, die Raffinesse, die den Funken dieses kleinen musikalischen Tischfeuerwerks zum Überspringen bringt.

Das Grauen des Zweiten Weltkriegs als Symphonie

Cristian Macelaru dirigiert das Bayerische Staatsorchester | Bildquelle: W. Hoesl Cristian Măcelaru vertraut der natürlichen Plastizität im Spiel des Bayerischen Staatsorchesters. | Bildquelle: W. Hoesl Viel überzeugender gelingt die "Symphonie in drei Sätzen" von Igor Strawinsky. Er hatte darin die erschütternden Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg verarbeitet, die er in den Nachrichten in Amerika regelmäßig gesehen hatte, sich aber immer gegen den Vorwurf gewehrt, es handle sich um Programmmusik. Cristian Măcelaru läuft dahingehend nie Gefahr. Er vertraut der natürlichen Plastizität im Spiel des Bayerischen Staatsorchesters. Das Martialische, Zerstörerische, manchmal auch Triumphale der Symphonie wird spürbar, ohne plakativ zu sein. Immer schwingt ein tiefe Resignation mit, auch eine Trauer und Ratlosigkeit. So bekommt das Werk die Vielschichtigkeit, die es so reizvoll macht.

Rachmaninow mit kammermusikalischer Intimität

Der Reiz der 3. Symphonie von Sergej Rachmaninow liegt in ihrer schwelgerischen, spätromantischen Süffigkeit. Die strauss- und wagnergeschulten Musikerinnen und Musiker sind hier mit vollem Ton ganz zu Hause. Auch hier zeigt sich Cristian Măcelaru als Mann von Maß und Mitte. Er drückt nicht drauf, schwelgt nicht, was im 2. Satz besonders deutlich wirkt. Hier droht gerne der Saccharose-Schock, wenn verklärt die Celesta bimmelt. Doch wenn die Orchestersoli hier zur Harfe brillieren, wird das nie zuckrig. Sondern ein großes Aufeinanderachten und Aufeinanderhören, voller kammermusikalischer Intimität. Und im Finale entsteht dann in den Temporückungen und dem Fugato genau die Brillanz, das Musizieren auf den Punkt, dass zu Beginn bei "Islamey" noch fehlte.

Sendung: "Allegro" am 11. Januar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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