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Kritik - "Der fliegende Holländer" in Oberammergau Tobendes Meer und tobendes Publikum

Oberammergau: das heißt alle zehn Jahre eine neue Passionsgeschichte. 2020 ist es wieder soweit. In der Zwischenzeit bringt Christian Stückl, der Intendant des Münchner Volkstheaters, jeden Sommer mit einheimischen Laienschauspielern und -sängern große, zumeist biblische Stoffe auf die Bühne. Und vor zwei Jahren mit Verdis Nabucco erstmals auch eine Oper, dies allerdings mit professionellem Orchester und professionellen Sängern. Und das tut er in diesem Jahr wieder, indem er Richard Wagners "Fliegenden Holländer inszeniert. Am Freitagabend (30.06.2017) war Premiere.

Bildquelle: ©Arno Declair

Kritik - "Der fliegende Holländer" in Oberammergau

Tobendes Meer und tobendes Publikum

Das Meer ist wild, jedenfalls das aufgemalte, das sich da auf der Bühne des Oberammergauer Passionstheaters dreht. Das Meer ist wild, da kann man froh sein, wenn man nicht Schiffbruch erleidet.

Mit effektvollen Bildern und leichter Hand

Sie ist schon ein herrlicher Märchenstoff, diese Geschichte des fliegenden Holländers, verdammt dazu auf ewig die Welt zu umsegeln, weil er einst die Meergewalten allzu nassforsch herausforderte. Dass ihn allerdings einzig ein hingebungsvolles Weib retten kann, mit ewiger Treue bis in den Tod, ist harter Tobak und ein ewiger Männermythos, den man erst einmal verdauen muss.

Christian Stückl allerdings scheint das nicht wirklich gestört zu haben, jedenfalls bebildert er seinen Fliegenden Holländer zwar wunderschön und effektvoll, aber ohne wirklich Stellung zu beziehen. Was dem Märchen zwar keinen Abbruch tut und doch einen leichten Nachgeschmack hinterlässt. Trotzdem lässt man sich gern auf seine Erzählung ein, weiß Stückl doch mit leichter Hand den musikalischen Schwung des Wagnerschen Frühwerks auf die Bühne zu übersetzen.

Dirigent Rubikis entlockt jugendliche Frische

Seit Jahren nun verblüffen die Oberammergauer Laien unter Stückls Anleitung allsommerlich auf der Passionsbühne in den unterschiedlichsten Rollen und Sujets. Und seitdem man sich im Passionstheater entschieden hat, auch Oper auf den Spielplan zu setzen, weiß man: Oberammergau kann auch singen. Dazu leistet man sich mit dem Letten Ainars Rubikis einen Dirigenten, der bald in Berlin als Generalmusikdirektor an die Komische Oper gehen wird, und nun den jungen Mitgliedern der Neuen Philharmonie München genau jene jugendliche Frische entlockt, die den Fliegenden Holländer so angenehm von allen späteren Werken Wagners unterscheidet.

Gekrönt wird diese Mischung wie schon in den beiden letzten Jahren bei Verdis Nabucco, von professionellen Sängerdarstellern, die ihre Rollen nicht nur stimmlich alle Ehre machen, sondern ihnen auch szenisch Ausdruck verleihen. Das gilt in diesem Fall vor allem für den fliegenden Holländer des ungarischen Bassisten Gabor Bretz, dem der Meermacho nicht nur auf den beachtlich virilen Leib gezimmert scheint, sondern der ihm auch durch seine Stimme gespenstischen Wohllaut zu geben versteht.

Tobendes Meer und tobendes Publikum

Und das gilt genauso für die todgeweihte Braut Senta von Iliene Kinca, der man nun bei der Premiere ihr großartiges dramatisches Potential sogar trotz der Resterkältung anhörte, und die der todesmutigen Weibestreu bei aller Zweifelhaftigkeit aufrechte Haltung bis zum Schluss verlieh. Und so tobte am Schluss das Publikum in wahrhafter Begeisterung wie kurz zuvor noch das aufgemalte Meer getobt hatte, das über dem im Tod vereinten Paar dekorativ zusammengeschlagen war. Meer satt also: Und das im bayerischen Oberammergau.

"Der fliegende Holländer" in Oberammergau

Die nächsten Vorstellungen sind am 2./14./16./21. und 23. Juli - jeweils um 20.00 Uhr.

Sendung: "Piazza" am 1. Juli 2017, 08.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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