Hier wird geplantscht: Die französische Regisseurin Pascale-Sabine Chevroton verlegt Offenbachs Gesellschaftssatire in ein Kurbad. Dort ermittelt Prinz Paris als Agent 007 im Auftrag der Liebe – erstmalig bei der Premiere am. Die erotische Mission gelingt, aber "moussiert" nicht und bleibt zu harmlos. Mehr Bad Füssing als Capri – so lautet Peter Jungbluts Fazit. Nichtsdestoweniger waren die Sänger mit Engagement und Spielfreude bei der Sache.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, aber auch dort kann er jede Menge Schaden anrichten, nämlich dann, wenn er Venus in die Hände fällt. So begann jedenfalls der trojanische Krieg. Prinz Paris musste sich bekanntlich auf dem Berg Ida zwischen drei Göttinnen entscheiden, und weil er nur eine mit seiner Apfel-Trophäe beglücken konnte, waren die beiden anderen naturgemäß beleidigt und entsprechend rachsüchtig. Venus aber, die siegreiche Göttin der Liebe, versprach Paris nichts weniger als Helena, die schönste Frau der Welt – warum sie noch einen Revolver obendrauf legte, das wurde in der Inszenierung am Würzburger Mainfranken-Theater nicht recht deutlich.
Tatsächlich spielt Offenbachs "Schöne Helena" ja in Sparta und im mondänen Badeort Nauplia an der Küste des Peloponnes, aber in der Würzburger Inszenierung war das im Bühnenbild-Entwurf von Alexandra Burgstaller doch eher ein Badelatschen-Paradies mit Gips-Säulen als ein elegantes Seebad mit Chic. Oder anders ausgedrückt: Mehr Bad Füssing als Capri. Klar, dass die schöne Helena sich da unwohl fühlte und aus Protest fast durchgehend französisch sprach, was zu einem Durcheinander führte, das manchem Zuschauer trotz Übertiteln etwas beschwerlich vorkam. Die Sprechtexte waren überhaupt einmal mehr das große Problem dieser Operetten-Premiere: Sänger tun sich ohnehin schwer, zwischen Sprech- und Singstimme hin- und herzuschalten, wenn sie dann auch noch mühsam deutsche Texte auswendig lernen müssen, bleiben Wortwitz und Tempo oft auf der Strecke. Gerade bei Stücken von Offenbach, die von aktuellen politischen Anspielungen und Situationskomik leben, ist das leider sehr hinderlich.
Der mexikanische Tenor Roberto Ortiz gab einen etwas spröden Paris, Daniel Fiolka dafür einen herrlich grummeligen Agamemnon, der es gar nicht schätzt, wenn beim Zocken gemogelt wird und Rätsel einigermaßen dämlich findet. Dirigentin Marie Jacquot hätte ruhig noch etwas champagnerseliger, ausgelassener zu Werke gehen können. So klang Offenbach doch ziemlich kontrolliert, ja diszipliniert, was allerdings zu den düsteren Uniformen der griechischen Könige passte. Insgesamt eine solide, aber keine "moussierende" Produktion – und gerade die Perlen, die machen Offenbach doch so süffig.
Sendung: Allegro am 03.12.2018 um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Die schöne Helena
Operette von Jacques Offenbach
Mainfrankentheater Würzburg
Regie: Pascale-Sabine Chevroton
Philharmonisches Orchester Würzburg
Leitung: Marie Jacquot
Informationen zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage des Theaters.