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Bregenzer Festspiele 2017 Das Leben als Spiel, das Spiel als Leben

Die Bregenzer Festspiele stehen für große Oper und spektakuläre Kulissen. Nach 25 Jahren kehrt heuer "Carmen" auf die Seebühne zurück, diesmal mit einem Bühnenbild von Es Devlin, die sonst Kulissen für die Shows von Popstars wie Adele entwirft. BR-KLASSIK hat mit Festspiel-Intendantin Elisabeth Sobotka über die diesjährigen Highlights gesprochen.

Bildquelle: © Bregenzer Festspiele / Lisa Kloos

Das Interview zum Anhören

BR-KLASSIK: Carmen wirft ihre Schatten voraus: Eine überlebensgroße Hand schaut bereits aus dem Bodensee heraus. Sie wird das zentrale Bühnenbildelement der Seebühne sein. Hinzu kommen noch Karten zwischen die Finger. Was soll uns diese Hand erzählen?

Elisabeth Sobotka: Es sind jetzt schon zwei Hände. Die zweite Hand ist noch nicht komplett. Es fehlen die Finger, mit denen ein Kartenspiel in die Luft geworfen wird. Und das ist natürlich ein Zeichen für das Schicksal. Oder auch überspitzt formuliert: Das Leben als Spiel, das Spiel als Leben. Das ist eine ganz zentrale Botschaft von Carmen: Kann ich meinem Schicksal entkommen, ja oder nein?

BR-KLASSIK: Ihr Vorgänger, David Pountney, hat unbekannte Stücke wie Andrea Chénier auf die Seebühne gebracht. Ein Risiko. Aber es hat funktioniert. Jetzt, mit Carmen, dem vielleicht beliebtesten Opernstoff überhaupt, vielleicht neben der Zauberflöte, ist es ein relativ sicheres Rennen. Ist das betriebswirtschaftlich geboten?

Festspielintendantin der Bregenzer Festspiele Elisabeth Sobotka | Bildquelle: © Bregenzer Festspiele/Dietmar Mathis Elisabeth Sobotka, Intendantin der Bregenzer Festspiele | Bildquelle: © Bregenzer Festspiele/Dietmar Mathis Elisabeth Sobotka: Die Carmen ist im Austausch mit dem Team entstanden, mit dem Regisseur Kasper Holten und der Bühnenbildern Es Devlin. Ich fand die beiden ganz besonders geeignet, auf der Seebühne zu inszenieren. Es Devlin macht auch ganz große Events bis zu olympischen Eröffnungen. Und beide haben gesagt: Ja, wir wollen an den See. Und es muss Carmen sein. Ich war gar nicht sicher, ob Carmen ein drittes Mal funktioniert. Aber am Vorverkauf sehen wir, dass es funktioniert.

BR-KLASSIK: Das originellere Programm gibt es im Festspielhaus: dieses Jahr "Moses in Ägypten" von Rossini. Eine ernste Oper. Ist es ein Stück, das uns auch im Licht des aktuellen Nah-Ost-Konflikts etwas zu sagen hat?

Elisabeth Sobotka: Für mich ist bei "Moses in Ägypten" das wirklich Wichtige die grandiose Musik, eine der schönsten Partituren von Rossini, die unglaublich lebendig ist. Eine große theatralische Herausforderung ist: Wie übersetze ich heute die Geschichte? Die biblischen Plagen oder den Gang durch das Rote Meer - wie kann ich das auf der Bühne zeigen? Und da haben wir ein spannende Lösung gefunden.

BR-KLASSIK: Und nach mehreren Jahren gibt es mit dem Stück "The Situation" auch wieder eine Schauspielproduktion bei den Bregenzer Festspielen.

Elisabeth Sobotka: Und das hat ganz direkt mit "Moses in Ägypten" zu tun. Bei der Beschäftigung mit dem Stück kommt man fast wie in einem Schock drauf, dass dieses Problemfeld, also der Nah-Ost-Konflikt, seit Tausenden von Jahren ungelöst ist. Zu diesem Konflikt, der uns bis heute so beschäftigt und die Menschen so quält, hat die österreichisch-israelische Regisseurin Yael Ronen einen unglaublich tragischen und witzigen Theaterabend mit ihren Schauspielern erarbeitet. Diesen ganzen Kosmos auf die Bühne zu bringen, ist ihr wirklich gelungen.

BR-KLASSIK: Die Bregenzer Festspiele sind zwischen zwei wichtigen Festspielorten positioniert: Salzburg und Luzern. Wo ist eigentlich genau die Lücke? Sind Sie diejenigen, die das Publikum bekehren wollen, das noch nicht so nah an den Genres Oper und Musik dran ist?

Elisabeth Sobotka: Beides: Wir wollen die Kenner – und wir wollen mit unseren Stücken die Leute auch sehr gerne verzaubern. Und ich glaube, es gelingt uns am See, Menschen für das Genre Oper zu entflammen. 

Das Gespräch für BR-KLASSIK führte Bernhard Neuhoff.

Bregenzer Festspiele 2017

Das Festival am Bodensee läuft von 19. Juli bis zum 20. August 2017.
Auf dem Spielplan stehen Georges Bizets "Carmen" sowie "Moses in Ägypten" von Gioachino Rossini.
Alle Informationen sowie Tickets unter bregenzerfestspiele.com

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