Nach jahrelangem juristischen Hin und Her befand ein Gericht in Istanbul den türkischen Pianisten am Mittwoch endgültig für unschuldig. Fazıl Say war 2013 wegen seiner kritischen und spöttischen Äußerungen über den Islam im Kurznachrichtendienst Twitter zunächst zu zehn Monaten Haft verurteilt worden.
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Anfang 2013 musste sich der türkische Pianist Fazıl Say in seinem Heimatland vor Gericht verantworten, weil er über Twitter mehrere spöttisch formulierte Äußerungen verbreitet hatte, die islamische Frömmelei und Scheinheiligkeit auf die Schippe nahmen. So kommentierte er den hastigen Gebetsruf eines Muezzins mit den Worten: "Warum die Eile? Eine Geliebte? Oder steht Schnaps auf dem Tisch?" Das türkische Gericht sah es damals als erwiesen an, dass Fazıl Say die "religiösen Werte eines Teils der Bevölkerung" durch solche Mitteilungen bei Twitter herabgesetzt habe.
Im April 2013 wurde Fazıl Say zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Urteil wurde zwar noch im selben Jahr wegen eines Formfehlers aufgehoben, in einem neu aufgerollten Verfahren wurde aber erneut die gleiche Strafe verhängt. Im Oktober 2015 hob das Oberste Berufungsgericht dann auch das zweite Urteil auf und verwies das Verfahren an das Gericht der ersten Instanz zurück. Nach dem heutigen Urteil waren Says Twitter-Mitteilungen durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Das Gericht in Istanbul folgte damit der Begründung des Berufungsgerichts, so die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.
Fazıl Say bedankte sich in einer kurzen Äußerung bei seiner Anwältin für die Unterstützung und den Erfolg nach viereinhalb Jahren Rechtsstreit.