Musik für Filme kommt meist von Männern. Von John Williams oder Ennio Morricone. Filmkomponistinnen kennt man nicht so viele. Die Dominanz der Männer in der Musikszene und das nicht frauenfreundliche Klima in Hollywood machen es für Komponistinnen schwer, Fuß zu fassen. Doch es gibt Ausnahmen.
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Die Jane-Austen-Verfilmung “Emma” war 1996 ein Überraschungserfolg. Eine damals noch völlig unbekannte Gwyneth Paltrow wirbelte als freche, aber liebenswerte Ehe-Anbahnerin durch die angestaubte britische Adelswelt des 19. Jahrhunderts, und die Musik von Rachel Portman lieferte die passende Begleitung dazu. Die britische Komponistin gewann damit als erste Frau überhaupt einen Oscar für die beste Filmmusik. Musik ist beim Film meist Männersache. Sei es Ennio Morricones berühmtes Motiv für “Zwei glorreiche Halunken”, sei es die Duschszene in Psycho mit Bernard Herrmanns schneidenden Geigen, oder natürlich der in Hollywood fast omnipräsente John Williams, mit 50 Oscar-Nominierungen Rekordhalter und im Alter von 84 Jahren immer noch dick im Geschäft - zum Beispiel mit dem Thema aus Star Wars. Ob Star Wars, Psycho oder Western: Der männliche Soundtrack liefert die passende Begleitung zum oft auch ziemlich männlichen Blick dieser Filme.
Natürlich gibt es auch Filmkomponistinnen. Shirley Walkers Musik zu John Carpenters “Jagd auf einen Unsichtbaren” gilt als erste Filmmusik einer Frau für einen großen Hollywood-Film - das war 1992. Und die Britin Anne Dudley gewann 1998 einen Oscar für ihre Musik für “Ganz oder gar nicht”. Doch sie bleiben weibliche Ausnahmen von der ansonsten männlichen Regel.
Es sei richtig schwer, für Frauen, in Hollywood Fuß zu fassen, sagt Filmkomponistin Miriam Cutler im Interview für den Podcast “Film.Music.Media”. Es gibt inzwischen auch einen Verband der Filmkomponistinnen in Hollywood, dessen erstes Ziel es war, ein Verzeichnis zusammenzustellen, weil die meisten Regisseure und Produzenten beim Stichwort Filmmusik eben doch immer noch zuerst an einen Mann denken. Vorsitzende des Komponistinnen-Verbands ist Laura Karpman - sie selbst hat zum Beispiel die Musik zum Remake des Horrorfilms “Carrie” geschrieben. Es geht um ein Mädchen, das in den Augen der Mitschüler vom Teufel besessen ist. Laura Karpman sagt, ihr sei es wichtig gewesen, bei der Neuauflage im Vergleich zum Original einen eher feministischen Blick auf die weiblichen Hauptfiguren zu finden.
Rachel Portman würde es wohl so nicht stehen lassen, dass Frauen immer für einen femininen Sound im Film stehen. Manchmal sage ein Producer oder Regisseur zu ihr, dass sie froh seien, dass Sie eine weibliche Herangehensweise und Feingefühl in die Musik einbringe, erklärte sie im Interview mit dem Radiosender NPR. Aber dennoch ist Rachel Portman stolz, dass sie die Musik zum "Manchurian Candidate" geschrieben hat, der sicher kein Frauenfilm ist.
Ich finde nicht, dass ich weibliche Musik schreiben muss.
Es könnte noch eine Weile dauern, bis der Anteil an Filmkomponistinnen im immer noch männlich geprägten Hollywood signifikant steigt. Helfen könnte nach Einschätzung von Komponistin Miriam Cutler, dass es an den amerikanischen Unis inzwischen ausgewiesene Studiengänge für Filmkomposition gibt. Wer diese Studiengänge belege, wisse hinterher schon Bescheid über Besonderheiten der Filmtechnik und Genres und kenne die Jobbeschreibung einer Filmkomponistin oder eines Filmkomponisten - Dinge, die Miriam Cutler nebenher mitlernen musste. Wer weiß, vielleicht studiert an den amerikanischen Unis ja schon die nächste Generation großer Komponistinnen - auch und gerade für Hollywood-Filme.