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Kritik - Zandonais "Francesca da Rimini" an der Scala Weiße Venus, schwarze Speere

Schwerpunkt im Programm der Mailänder Scala sind aktuell die großen italienische Opern des Verismo – vor allem die selten gespielten. Nach der Eröffnung der Saison mit "Andrea Chenier" steht seit 15. April die Neuproduktion von Riccardo Zandonais "Francesca da Rimini" auf dem Spielplan. 1959 hatte es die letzte Neuproduktion gegeben, nun hat Regisseur David Pountney die tragische Liebesgeschichte von Francesca und ihrem Schwager Paolo inszeniert.

Bildquelle: Marco Brescia & Rudy Amisano

Die Kritik zum Nachhören

Romeo und Julia, Tristan und Isolde, Paolo und Francesca – sie alle mussten für ihre Liebe sterben und wurden zur Legende. Die Burg Gradara, auf der um 1283 Giovanni Malatesta seine Ehefrau Francesca und seinen Bruder Paolo aus Eifersucht ermordete, liegt unweit von Pesaro. Dort studierte und lehrte der Komponist Riccardo Zandonai. 1914, mit Beginn des Ersten Weltkrieges uraufgeführt, steht Zandonais Oper "Francesca da Rimini" noch stark unter dem Einfluss Richard Wagners, bezieht sich häufig auf "Tristan und Isolde" und wirkt doch auf ganz eigene Weise fesselnd und berührend. Wie feine Spinnweben aus einer untergangenen Epoche klingen die kammermusikalischen Elemente, dann rasseln die Kriegstrommeln im Stereoeffekt aus dem Graben der Mailänder Scala und gewaltig bäumt sich die Musik auf zu martialischen Eruptionen. Was Dirigent Fabio Luisi mit dem Orchester der Scala aus der komplexen Partitur zaubert, ist ein faszinierendes und großes Opernerlebnis.

Die dominierende Venus-Statue

Szenenbild "Francesca da Rimini" an der Mailänder Scala | Bildquelle: Marco Brescia & Rudy Amisano Szenenbild "Francesca da Rimini" an der Mailänder Scala | Bildquelle: Marco Brescia & Rudy Amisano David Pountney versetzt sich und das Publikum tief in Francescas Innenleben. Diese junge Frau flüchtet sich vor brutalen Männern und Krieg in eine Fantasiewelt von goldenen Rittern und ihren Sagen. Eine überdimensionale weiße Venus-Statue dominiert das bedeutungsschwangere zylindrische Bühnenbild von Leslie Travers. Um den weißen reinen Raum der Francesca legt sich ein schwarzer Metallring, bewehrt mit Kanonen, aus denen zum Ende des zweiten Aktes aus vollen Rohren geschossen wird. Danach ist die weiße Venus von schwarzen Speeren durchbohrt, und Francesca und Paolo sterben am Ende einen Fantasietod, während sie zwischen den Seiten eines riesigen Buches liegen - ein Bild dafür, dass der geliebte Paolo nur eine Projektion von Francescas Sehnsucht nach Liebe ist. Bildgewaltig lässt Pountney das Bühnenbild über Symbole sprechen, anstatt die Charaktere tiefer zu durchleuchten. Das erledigt die Musik.

Homogenes Ensemble

Mit großer Ausdruckskraft und Stimmschönheit gestaltet Maria-José Siri die riesige Partie der Francesca, umgeben von einem homogenen und hervorragend singenden Ensemble. Gabriele Viviani gibt den brutalen, kriegerischen Ehemann Giovanni mit mächtigem Bass, und die Münchner Mezzosopranistin Idunnu Münch liefert als Sklavin Smaragdi ein weiteres vokales Glanzlicht. Die Mailänder Neuproduktion von Zandonais "Francesca da Rimini" ist musikalisch hochkarätig und optisch leicht überfrachtet, was allerdings auch zeigt, wie viel es in diesem Werk zu entdecken gibt.

"Francesca da Rimini" in Mailand

Riccardo Zandonai:
"Francesca da Rimini"
Oper in vier Akten und fünf Bildern 

Mailand, Teatro alla Scala
Regie: David Pountney
Musikalische Leitung: Fabio Luisi

Informationen zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage des Theaters.

Sendung: "Allegro" am 16. April 2018, 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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