Eine der berühmtesten Tänzerinnen der Welt konnte Nürnberger Ballettchef Goyo Montero für seinen "Narrenschiff" gewinnen: die russische Primaballerina Diana Vishneva. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an den dreiteiligen Premierenabend am Samstag.
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Bildquelle: Jesús Vallinas / Staatstheater Nürnberg
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Wie fantastisch muss es eigentlich im Kopf von Goyo Montero zugehen? Sein "Narrenschiff" strotzt vor faszinierenden Bilderwelten, sprüht vor Ideen, vereint das Ballettensemble in Höchstform, ein spielfreudiges Orchester und Weltstar Diana Vishneva – all das unter einer riesigen gold-silbernen Wärmedecke. Ein Stück Folie, das durch den Überlebenskampf von Millionen Geflüchteten zuletzt traurige Berühmtheit erlangt hat.
Diese Folie spannt sich bei "Maria", dem ersten Teil des Abends, über den gesamten Bühnenboden. Auf ihr liegen die Tänzerinnen und Tänzer anfangs noch verstreut, ganz in braun gekleidet. Rollen sich dann aber zu einem Kollektiv zusammen, gebären aus ihrer Mitte Diana Vishneva als Maria Magdalena, die Begleiterin Jesu, die Apostelgleiche, die Sünderin. Montero erzählt ihre Legende als abstrakte Suche nach Zusammenhalt, aufgeladen mit christlicher Ikonografie. Immer wieder wird Maria ausgestoßen, führt an und scheitert, verheddert sich zwischen Männern.
Die riesige silberne Folie erwacht an Drahtseilen zum Leben, wird zum Himmel, zur Höhle, wird vom Volk zerrissen, zum Kreuz, zur Last. Ein emotional wuchtiger Bildersturm, zu dem die Nürnberger Staatsphilharmonie den perfekten Soundtrack liefert. Dirigent Franceso Sergio Fundaro führt das Orchester präzise durch die vertrackten Klangwelten von Lera Auerbach, die in ihren Dialogen mit Stabat Mater die barocken Klangwelten Pergolesis neu interpretiert. Auf der Bühne strahlt Diana Vishneva als betörend feingliedrige Maria – das aber nicht allein. Sie verschmilzt mit dem Ensemble, das – wie bei Montero so typisch – wieder agiert wie ein einziger Körper. In diesen spreizt sich die Primaballerina. In einer hinreißend bedrückenden Szene biegt sich Vishneva zwischen sechs Tänzern. Eine der besten Choreographien von Goyo Montero seit Langem. Und nicht das einzige Glanzstück unter glänzender Folie an diesem Abend.
Im eigentlichen "Narrenschiff", dem zweiten Teil des Abends, sind zwei Tänzer bei einem Pas de Deux am Kopf mit einem elastischen Stoff verbunden –wie ein Strumpf – ziehen sich immer wieder an. Ihr Narrenschiff ist da aber bereits in silbernen Folienwellen gesunken, zusammen mit einer futuristisch gekleideten Zirkustruppe. Die Folienästhetik eint die beiden Stücke, auch das Grundthema: Die Suche nach Zusammenhalt, nach Ankommen, nach Heimat. Bedrückend: Montero macht die Fluchttragödie unserer Zeit zum tragischen Zirkus. Dabei verzichtet der Nürnberger Ballett-Chef auf Erklärungen, auf eine Geschichte und erzählt wie im Fiebertraum Szenarien eines Freiheitskampfs. Wieder mit skulpturalen Bilderwelten. So bäumt sich das Ensemble mit einem goldenen Seil zur Galeere auf, das Seil wird später zum Boxring, zum Hoffnungsanker. Das alles zu den sehnsüchtigen letzten Liedern von Richard Strauss aus dem Orchestergraben, ergänzt durch eine wuchtig bedrohliche Neukomposition von Owen Belton, Monteros Hauskomponist.
Im letzten Drittel kommt Opernsängerin Emily Newton auf die Bühne – als Hoffnung im zerrupften Algenkleid. Sie berührt mit ihrer Stimme, verbindet das Orchester mit dem Ensemble, das weiter hofft und kämpft. Am Ende steht sie als krumme Freiheitsstatue auf einem Berg aus leblosen Körpern, leuchtet in die Zukunft. Es dauert länger, bis Applaus einsetzt. Am Ende gibt es Standing Ovations. Das "Narrenschiff" zeigt einen losgelösten Goyo Montero auf der Höhe seiner Kunst, tief verwurzelt in allen Gewerken des Nürnberger Staatstheaters und in seinem fantastischen Kopf.
Sendung: "Allegro" am 20. Dezember 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Dienstag, 21.Dezember, 13:33 Uhr
Curt Allen Wilmer
Bühnenbild, Kostüme und Licht
Warum werden Künstlernamen angegeben wenn man über Musik spricht und nicht wenn es um Bühne, Kostüme oder Licht geht?
Bühne: Leticia Gañan und Curt Allen Wilmer
Kostüme: Salvador Mateu Andujar
Licht: Tobias Krauss und Goyo Montero
Danke
Danke