Das Immling Festival setzt nicht nur auf die äußere Idylle, wie den wunderbaren Blick über die idyllische Landschaft im Chiemgau und den legendären Sonnenuntergang in der Pause, sondern auf technische und musikalische Perfektion. Immling bietet Operngenuss mit inzwischen eigenem Festspielorchester auf hohem Niveau und ist nach 25 Jahren längst kein Geheimtipp mehr, sondern ein Muss für Opernfreunde. Bis Ende August werden heuer über 30 Aufführungen präsentiert.
Bildquelle: Nicole Richter
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Nicht nur Bayreuth, auch Immling hat einen Grünen Hügel. Und da ist der Name auch wirklich angebracht. Damit die einmalige Atmosphäre nicht gestört wird und weil oben mehr Platz für Tiere als für Autos ist, fahren die Besucher in kostenlosen Shuttlebussen vom nahen Bad Endorf zu den Veranstaltungen. Der romantische Weg durch den Wald auf das Hochplateau im Chiemgau ist eine gute Eistimmung auf den Kulturgenuss in der mittlerweile zum Konzertsaal umgebauten Reithalle. Von außen sieht sie heute immer noch gleich aus wie vor 25 Jahren, aber innen wurde isoliert, ein fester Boden eingezogen und moderne Technik mit Klimaanlage und Beleuchtung eingebaut. Statt der Plastikstühle der ersten Jahre sitzt man jetzt bequemer als in manchem Opernhaus auf 740 komfortablen Ledersesseln.
Alle Sitzplätze dürfen coronabedingt zwar nicht belegt werden, aber nach der Zwangspause im letzten Jahr freut sich die musikalische Leiterin Cornelia von Kerssenbrock auf die Jubiläumssaison. Auf der einen Seite natürlich, dass es wieder Musik gibt. Andererseits habe man aber auch Schwerstarbeit mit so viel Regelungen. Dennoch bleibt die Angst, dass irgendetwas passieren könnte, auch wenn alle Beteiligten ständig getestet werden und es natürlich ein allgemeingültiges Hygienekonzept gibt.
Auf der einen Seite Freude, auf der anderen Bauchweh und Bedenken, wie alles läuft.
Und ob sich Madame Butterfly und Pinkerton sich küssen dürfen – das wird Intendant Ludwig Baumann, der Puccinis "Butterfly" inszeniert, wie so vieles andere auch wohl erst im letzten Moment erfahren. Denn täglich ändern sich die Bestimmungen, die mittlerweile zu einem Regelwerk von der Dicke einer Wagner'schen Ring-Partitur geführt haben.
Heuer gibt es pandemiebedingt nur zwei Opernneuproduktionen statt, wie sonst, vier. Bei "Madama Butterfly" geht es Regisseur Ludwig Baumann in erster Linie um die Menschen, ihre Schicksale und inneren Konflikte und nicht um zeitaktuelle Umsetzung. Als Kontrast inszeniert Detlef Soelter Rossinis "La Cenerentola” à la Hollywood. Für Cornelia von Kerssenbrock geradezu ein idealer Ausgleich – insbesondere in einer Zeit, wo die Leute vielleicht alle noch etwas trist und niedergeschlagen sind. "Da können wir sie auch grad mit der 'Cenerentola' aus ihren Löchern holen."
Mit großem Erfolg gaben sich in den vergangenen 25 Jahren der Barbier von Sevilla, Don Giovanni, Otello oder Fidelio die Klinke in die Hand, um nur einige Opern zu nennen, die im Chiemgau inszeniert wurden. Aber Festivalgründer Ludwig Baumann hat sich mit seinem Team auch an Werke gewagt, die nicht alltäglich auf den Opernbühnen sind: Verdis "Sizilianische Vesper" oder mit Rock und Jazz angereichte Barockoper.
Aber nie hätte sich Ludwig Baumann vor 25 Jahren träumen lassen, dass aus Immling mal das wird, was es heute ist: ein etabliertes Festival mit eigenem Akademiehotel und an die 50 Mitarbeitenden ganzjährlich. Mit Stolz erfüllt ihn vor allem die Arbeit mit den vielen jungen Sängerinnen und Sängern, die von Immling aus Karriere machten, wie beispielsweise Bariton Wolfgang Koch. "Zwei volle Hände würden nicht reichen an Sängern, die jetzt Stars sind und die bei uns ganz klein angefangen haben", so Baumann. "Wir sagen immer: Die anderen haben die Stars und wir machen sie."
Das Festival im Chiemgau wurde zwar immer größer, hat aber von seinem so besonderen Flair nichts verloren. So gibt es über 100 Tiere auf dem von Ludwig Baumann eingerichteten Tierschutzhof Gut Immling, die natürlich alle Opernnamen haben. Der zu Premierenzeiten übliche Nachwuchs an Lamas, Alpakas oder Eseln und vielen anderen blieb diesmal aus, denn Corona wirkte wohl lustmindernd … Aber ganz wichtig: Max den Auerochsen gibt es noch. 14 Jahre ist er mittlerweile alt und residiert gleich am Eingang zum Gut. Und der muss schon auch mal den Sängerinnen und Sängern als Vorbild dienen, wie die Immling-Macher Cornelia von Kerssenbrock und Ludwig Baumann scherzhaft anmerken: "Ich sag oft mal zu unseren Sängern und auch zu unseren Choristen, sie sollen sich mal bei unseren Tieren die Stütze anschauen."
Das Immling Festival auf Gut Immling im Chiemgau findet 2021 zum 25. Mal statt, heuer vom 25. Juni bis 29. August. Eröffnet wird die Jubiläumssaison mit Puccinis Oper "Madama Butterfly" in Regie von Intendant Ludwig Baumann.
Alle Informationen sowie weitere Termine finden Sie hier.
Sendung: "Allegro" am 26. Juni 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK