Hugo Strasser lieferte die Musik für rauschende Bälle, Tanzturniere, Fernsehshows und tausende Konzerte. Und er war erfolgreich mit seinen Kollegen Max Greger und Paul Kuhn - wie er "Swing Legenden". Jetzt ist der Klarinettist und Bandleader im Alter von 93 Jahren gestorben.
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Klarinettist Hugo Strasser gestorben
Eine Würdigung von Beate Sampson
Hugo Strasser, auf der Bühne stets makellos gekleidet mit Schlips und Zweireiher, war ein Gentleman alter Schule. Er pflegte das Understatement - und war von ausgesuchter Höflichkeit. Sein Ton passte zu ihm: Auf der Klarinette entwickelte Strasser eine klangschöne Eleganz, die ihn mühelos durch das swingende Standard-Repertoire trug.
Ich bin mehr oder weniger Melodiker. Ich bin sehr von der Melodie getragen und das ist auch meine Stärke.
Zum Tod von Hugo Strasser gibt's am Freitag, 18. März, um 23.05 Uhr eine "Jazztime extra": Wiederholung eines Studiogesprächs aus dem Jahr 2012 mit Roland Spiegel. Strasser spricht über seine Kindheit, seine ersten Erfahrungen mit der Klarinette, sein Glück, im Krieg als Musiker nicht an die Front geschickt worden zu sein, über erste Jazzfestivals nach dem Zweiten Weltkrieg und über das, was er - der sich stets bescheiden einen "Tanzmusiker" nannte - am Jazz besonders spannend fand.
Am 7. April 1922 wurde Hugo Strasser im München als fünftes von sechs Kindern in kleinbürgerliche Verhältnisse hineingeboren. Sein Vater war musikbegeistert und ein guter Sänger. Alle Kinder spielten ein Instrument. Hugo bekam eine Geige "aufgebrummt".
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Jazzikone Hugo Strasser | Bildquelle: picture-alliance/dpa/Jens Kalaene
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Die Musiker James Last, Hugo Strasser, Hazy Osterwald, Max Greger und Paul Kuhn musizieren 1986 bei der ZDF-Geburtstagsshow "Hallo Max". | Bildquelle: picture-alliance/dpa/ Istvan Bajzat
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Paul Kuhn, Max Greger und Hugo Strasser während eines Konzerts im Rahmen ihrer Tour "Swing Legenden" | Bildquelle: picture-alliance/dpa/Jens Kalaene
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Der Schlagerkomponist ("Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen") Michael Jary (2.v.l.) während der Feier zu seinem 70. Geburtstag am 25.09.1986 in München mit prominenten Gratulanten: Bruce Low (l), Horst Wendland (2.v.r.) und Hugo Strasser (r). | Bildquelle: picture-alliance/dpa/Georg Göbel
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Hugo Strasser, Paul Kuhn und Max Greger 2007 in Berlin bei der Vorstellung ihrer Tour "Best of Swing Legenden" | Bildquelle: picture-alliance/dpa/Jens Kalaene
Weil seine großen Geschwister schon ihr eigenes Geld verdienten, konnte Hugo Strassers Vater es sich leisten, ihm ein Musikstudium zu finanzieren. Beim Vorstellungsgespräch an der Akademie für Tonkunst kam es aber anders als gedacht: Professor Arnold, der Klarinettist der Bayerischen Staatsoper war, erkannte, dass der Teenager zum Bläser prädestiniert war. Diese Lippen, die Gesichtsmuskulatur, der Körperbau. Und als er Hugo Strasser einmal zur Probe in die Klarinette blasen ließ und gleich ein strahlendes G erscholl, war klar: das ist das Instrument! Und die Geige war passé.
Ich wollte die Klarinette nicht mit dem klassischen, geraden Ton spielen, sondern ich wollte vibrieren.
Seine außerordentliche Begabung half Hugo Strasser, innerhalb von drei Jahren enorm schnell und viel zu lernen. Doch dann kam der Krieg, der 18-Jährige wurde nach Stettin beordert, und hatte das Glück, dort zum Dienst am Instrument verpflichtet zu werden. Sein Hauptmann brauchte eine Kapelle. Später dann wurde er nach Dortmund versetzt, die Musik fiel flach, doch als Ausbilder musst er nie an die Front.
Paradoxerweise kam Hugo Strasser während der Kriegsjahre verhältnismäßig leicht an Schallplatten der von ihm verehrten amerikanischen Swing-Musiker. Über Paris lief ein florierender Handel.
Count Basie, Duke Ellington, Louis Armstrong oder Benny Goodman, das war für mich eine Initialzündung.
Die Weichen waren gestellt. Als Hugo Strasser nach München zurückkam, waren Swing-Musiker heiß begehrt - vor allen Dingen in den amerikanischen Clubs. Die Auftritte waren sehr gut bezahlt, aber Hugo Strasser wollte auch gerne für die Zivilbevölkerung spielen. Das ermöglichte ihm der Saxophonist Max Greger, als er ihn in seine Band holte. Das war der Beginn einer Freundschaft fürs Leben.
1949 hat der Greger Max seine Band gegründet. Fünf Jahre war ich beim Max und das war eine sehr tolle Zeit.
Sein eigenes Orchester gründete Hugo Strasser 1955. Der erste Einsatz war der Silvesterball im Deutschen Theater. Jeder Verein hatte damals seinen eigenen Ball, und schon im Jahr darauf spielte das Orchester 52 davon. Auch durch Auftritte beim BR wurde das Orchester schnell immens populär und zur ersten Adresse, wenn es um die musikalische Gestaltung von Tanzturnieren ging.
Ich habe wirklich unzählige Turniere gespielt. Wir waren das Tanzorchester Nummer 1.
Von den Ballsälen war der Weg ins Fernsehen nicht weit. Die Münchner Lach- und Schießgesellschaft engagierte das Orchester für ihre Silvestersendung "Schimpf vor Zwölf". In den 70er-Jahren schworen die Showmaster - etwa auch Wim Thoelke und Lou van Burg - auf den hochmusikalischen, verlässlichen und nervenstarken Bandleader. In Peter Frankenfelds "Musik ist Trumpf" war Hugo Strassers ein Trumpf von Dauer.
Nicht nur mit dem eigenen Orchester, sondern auch mit kleinen Besetzungen - seiner "Hot Five" etwa - war Hugo Strasser auf den internationalen Bühnen zuhause. Besonders großen Erfolg feierte er gemeinsam mit seinem guten Freund Max Greger und mit Paul Kuhn. Ab 2005 waren sie als "Swing Legenden" unterwegs. Mit Hits und Evergreens von "Mood Indigo" bis "Sentimental Journey" feierten sie die Musik, die sie seit ihren Jugend liebten. Große Tourneen. Ausverkaufte Hallen. Begeistertes Publikum.
Das ist das Tollste an der Swingmusik: dass man die Möglichkeit hat, aus der Melodie auszusteigen und über die Harmonien zu improvisieren.
Als "Swingheini" bezeichnete sich Hugo Strasser gerne. Und wenn er und seine Kollegen als Pioniere des Jazz gefeiert wurden, betonte er immer wieder, er sei einfach nur "ein Tanzmusiker". Wo auch immer man ihn verorten möchte: Mit seiner Musik hat er viele Fans glücklich gemacht. Vielleicht ja auch deswegen, weil die Musik ihn so besonders glücklich machen konnte.
Eine Improvisation ist immer Spontaneität, das ist nichts Geschriebenes, das kommt aus der Situation, aus dem Spielmoment heraus.
Nach Paul Kuhn im Jahr 2013 und Max Greger hat nun auch Hugo Strasser die Seiten gewechselt und residiert im Swing-Himmel.