Igor Zelensky tritt als Direktor des Bayerischen Staatsballetts zurück. Aus privaten Gründen, wie es von der Kompanie heißt. Ob die Trennung etwas damit zu tun hat, dass er sich nie öffentlich von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine distanzierte, bleibt offen. Gerüchte über einen möglichen Nachfolger gab es aber schon vorher.
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Igor Zelensky war nie so laut wie etwa Valery Gergiev. So äußerte sich Zelensky als Direktor des Bayerischen Staatsballetts nicht offen politisch. Dennoch wurden nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine Bilder öffentlich, die Zelenskys Nähe zu Wladimir Putin belegen sollen. Auch seine Beratertätigkeit für eine russische Stiftung wurde bekannt: Deren Ziel ist es, kulturelle Zentren in Russland zu errichten. Eines davon in Sewastopol auf der annektierten Krim. Ob diese Tätigkeit bezahlt wurde und ob das Bayerische Kunstministerium als Zelenskys Arbeitgeber davon wusste, diese Fragen wurden bisher nicht beantwortet.
Dafür erklärte das Bayerische Staatsballett nun den Rücktritt Zelenskys als Direktor der Kompanie. Am 3. April habe er sich nach der "Cinderella"-Aufführung, mit der die Ballettfestwoche endete, von seiner Kompanie sowie von Intendant Serge Dorny hinter der Bühne verabschiedet – sagt Annette Baumann, Sprecherin des Bayerischen Staatsballetts. Die Entscheidung für Zelenskys sofortigen Rücktritt fiel zuvor in Gesprächen Zelenskys mit dem Bayerischen Kunstministerium. Private und familiäre Angelegenheiten werden als Grund genannt.
Der russische Tänzer Igor Zelenky war seit 2016 Direktor der Kompanie. Noch im selben Jahr entschied er sich, die künstlerische Leitung des Balletts des Stanislawsky und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheaters in Moskau, die er bis dahin noch inne hatte, aufzugeben – um seine Arbeit voll auf München zu konzentrieren und seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlegen. "Eine Ballettkompanie zu führen, erfordert absolute Konzentration und Kapazität", heißt es nun in einem schriftlichen Statement von Zelensky, "aktuell verlangen jedoch private Familienangelegenheiten meine volle Aufmerksamkeit und Zeit, die mit der Leitung einer Ballettkompanie nicht vereinbar sind". In den vergangenen Wochen war Zelensky bereits krankgeschrieben gewesen.
Die Leitung des Bayerischen Staatsballetts übernehmen vorläufig die beiden Ballettmeister*innen Judith Turos und Thomas Mayr. Man hoffe aber auf eine zeitnahe Nachfolge, heißt es von der Kompanie. Das Gerücht, dass diese vielleicht Alexei Ratmansky – eng mit dem American Ballet Theatre verbunden und weltweit höchst gefragter Choreograf, der sich eindeutig gegen Putins Krieg positioniert – übernehmen könnte, wird vom Staatsballett nicht bestätigt. "Davon haben wir noch nichts gehört", sagt die Sprecherin. Die Entscheidung über die Nachfolge Zelenskys ist alleinige Sache des Kunstministeriums.
Kommentare (3)
Dienstag, 05.April, 13:22 Uhr
M. Kaiser
Zelensky
Unnötig und traurig ist es, daß seine äußerst erfolgreiche Amtszeit ein so abruptes Ende nimmt. Ballettbesuche werden unsererseits nun wieder seltener stattfinden. So wird es vielen ergehen! Warum zieht man Künstler für die Politik ihres Landes zur Verantwortung? Wir sind jedenfalls Herrn Zelensky für die künstlerische Bereicherung und die vielen wunderbaren Ballettabende sehr dankbar und wünschen ihm und seiner Familie alles Gute für die Zukunft!
Dienstag, 05.April, 12:19 Uhr
I. Geitner
Igor Zelensky
Der Rücktritt Zelenskys ist mehr als schade. Er offenbart deutlich die Entwicklung, die unser Land eingeschlagen hat.
Montag, 04.April, 21:54 Uhr
M. Bernhardt
Peinliche Posse
Die nächste "Glanztat" der Bayerischen/Münchner Kulturpolitik. Dass Zelensky von sich aus gegangen ist, glaubt ernsthaft kein Mensch. Seine Amtszeit hat das Bayerische Staatsballett künstlerisch enorm bereichert und weiterentwickelt. Armselig, wie man ihn jetzt vom Hof jagt. "Die Entscheidung über die Nachfolge Zelenskys ist alleinige Sache des Kunstministeriums" (letzter Satz des Artikels) - Bravo, da macht man direkt den Bock zum Gärtner.