BR-KLASSIK

Inhalt

Bayerische Ingenieure sanieren Sydney Opera House "Was wir hier machen ist sehr delikat"

Im kommenden Mai beginnt ein sechsjähriges Projekt zur Renovierung des berühmten Opernhaus in Sydney. Beteiligt ist unter anderem eine renommierte Akustikfirma aus Oberbayen. Was verbessert werden kann, und wo die Herausforderungen liegen, verriet der Projektverantwortliche Jürgen Reinhold im Interview mit BR-KLASSIK.

Opernhaus Sydney in Australien | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

BR-KLASSIK: Woran fehlt es beim Opernhaus in Sydney eigentlich genau?

Jürgen Reinhold: Es gibt zwei Hauptvenues, einmal die Concert Hall und einmal das Operntheater. Beide hatten von Anfang an gewisse Defizite in der Akustik, die wir jetzt im Rahmen eines großen Renewal-Programms zum 50. Geburtstag des Opernhauses beseitigen sollen.

Jüngstes Weltkulturerbe-Gebäude

BR-KLASSIK: Sie kommen gerade von Sydney. Ist nach ihrem Besuch schon absehbar, was Sie dort tun werden?

Jürgen Reinhold: Wir bewegen uns in einem „World Heritage“- Gebäude, gelistet von der UNESCO – übrigens das jüngste Gebäude der Welt mit diesem Titel. Entsprechend delikat ist es, was wir dort machen. Wir können keine grundsätzlichen Veränderungen treffen. Das Äußere - sprich das Innere der Seele -  muss erhalten bleiben. Etwa durch additive Elemente, die auch wieder wegnehmbar sind. Das ist häufig in der Restaurierung und im Denkmalschutz erlaubt, dass man Elemente hinzufügt, die aber jederzeit wieder wegnehmbar sein könnten. In der Richtung gehen wir auch vor.

Das Äußere - sprich das Innere der Seele -  muss erhalten bleiben.
Jürgen Reinhold

BR-KLASSIK: Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen? Was kann hinzugefügt werden, damit sich der Klang verändert?

Jürgen Reinhold: Die Außenhülle des Saales, die Wände, die Deckenverkleidung müssen wir letztendlich erhalten. Wir können aber Reflektoren einhängen. Reflektoren gibt es auch heute schon, um den Kontakt auf dem Podium zu verbessern. Der ist aber, wie wir erfahren haben und wie wir es von den Musikern kennen und hören doch sehr schlecht. Es ist eine ganz wesentliche Komponente, dass die Musiker einen sehr guten gegenseitigen Kontakt und eine gute eigene Wahrnehmung haben, um gut miteinander zu spielen. Das können wir durch bessere Reflektoren erreichen. Im November wird es eine große Versuchsreihe geben mit Testreflektoren, die über dem Orchester hängen.

Elemente, wie Schubladen

Es wird aber auch Zusatzelemente geben, die im Wandbereich angebracht sind. Und die müssen dort - das ist eigentlich ganz lustig - wie Schubladen rein- und rausfahrbar sein. Das fordert wiederum der Denkmalschutz, dass wir nicht permanent die Oberfläche verändern. Stattdessen werden die Elemente auf Knopfdruck wegfahrbar sein. Glücklich macht mich das nicht, weil dieser Mechanismus Fugen und Nachteile hat. Aber wir müssen es so machen, um die Optik wieder herzustellen.

BR-KLASSIK: Es wird wohl ein paar Jahre dauern bis das alles umgesetzt werden kann, bis sich die Akustik richtig im Raum platziert.

Jürgen Reinhold: In Australien ist es anders organisiert als in Deutschland. Wenn bei uns ein Theater restauriert wird, dann zieht die gesamte Truppe aus. Sie behält ihre finanzielle Unterstützung in vollem Umfang. In Sydney muss sich die Gemeinschaft der Sydney Opera zum großen Teil selbst finanzieren. Aus diesem Grund sind die Restaurierungsarbeiten, inklusiv der Bühnenmaschinerie, jetzt auf sieben Monate begrenzt. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: In Deutschland beginnen wir bei unseren Restaurierungen mit drei Jahren, und enden oft bei sieben Jahren. Es ist daher schon sehr sportlich, wie das hier in Australien gehandhabt wird. Bei der Concert Hall ist es ein bisschen langwieriger. Hier wurden eineinhalb Jahre eingeplant. Für das, was umgesetzt werden soll, ist es letztendlich auch nicht viel.

In der Akustik-Debatte wird der Bogen heute manchmal überspannt.
Jürgen Reinhold

BR-KLASSIK: Haben Sie den Eindruck, dass das Thema Akustik heute sehr viel wichtiger genommen wird, gerade wenn man an die Planung neuer Konzertsäle denkt?

Jürgen Reinhold: Es hat sicher einen anderen Stellenwert bekommen, vielleicht auch einen zu großen. Für uns ist natürlich schön, wenn das Thema sehr ernst genommen wird. Aber der Bogen wird heute überspannt, und es wird zu hoch diskutiert. Ich denke, wir haben in München sehr gute Säle, die gut funktionieren. Man sollte sie nicht kaputt reden.

Das Gespräch führte Elgin Heuerding für BR-KLASSIK.

    AV-Player