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Premierenkritik: "Jenůfa" an der Berliner Staatsoper Künstlerisch nicht zu übertreffen

Sie sind so wahrhaftig. Sie leben ihre Gefühle. Liebe, Mütterlichkeit, Hass, Neid, Verachtung, Vergebung. Die Frauen in Leoš Janačeks Jenufa sind das starke Geschlecht. Die Geschichte hat eine Frau geschrieben, Gabriela Preissova, sie erzählt von der Dorfschönheit Jenufa, schwanger vom eitlen Steva, verunstaltet vom zurückgewiesenen Laca. Die Stiefmutter ermordet das Kind, und dennoch endet das Drama in Liebe.

Bildquelle: Bernd Uhlig

Was die Staatsoper Unter den Linden an diesem Abend präsentiert hat und hoffentlich bald auch vor Publikum spielen wird, ist künstlerisch nicht zu übertreffen. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens die Besetzung: Weltstar Camilla Nylund ist eine lyrische und kraftvolle, weiche und bezaubernde Jenůfa. Legende Hanna Schwarz spielt eine glänzendgraue Großmutter, Ladislav Elgr einen brutalsimplen Steva, Stuart Skeleton den stetig liebenden Laca. Anbetungswürdig, schlicht umwerfend ist Evelyn Herlitzius als Küsterin, Stiefmutter und Mörderin. Sie, die große Wagnersängerin, hat hier alles Elend des Lebensüberdrusses und der Schuld in eine Figur gepackt.

Bedrohlicher Eisfelsen

Eisige Stimmung: Das Regiedebüt das Italieners Damiano Michieletto überzeugt. | Bildquelle: Bernd Uhlig Zweitens: die Regie – das Debüt des Italieners Damiano Michieletto an der Staatsoper. Er lässt alle frieren in dieser frauenverachtenden Gesellschaft. Eisige Wände spiegeln ein fahles Licht, ein Eisfelsen bedroht von oben die Szene und sinkt immer tiefer, der besoffene Steva umarmt und zerkratzt einen Eisblock, ein Loch im Eis des Bühnenbodens fürchten alle und bergen daraus das tote Kind. Nur am Schluss gehen Jenůfa und Laca warmen Strahlen entgegen.

Klang von allen Seiten

Für die Opernproduktion führten das Ensemble und alle Mitarbeitenden regelmäßig Corona-Tests durch. | Bildquelle: Bernd Uhlig Drittens: Simon Rattle, die Staatskapelle und der Chor der Staatsoper. Welch ein Zauber liegt in diesem Klang. Der Chor steht im Zuschauerraum, Sound von allen Seiten. Vor allem wirkt der Saal durch diesen Kniff nicht wie sonst beim Streaming so deprimierend leer. Für den Orchestergraben hatte Rattle die Partitur wegen der Abstandsregeln für die Holzbläser etwas umgearbeitet. Das Ensemble und alle Mitarbeiter waren regelmäßig getestet. So funktioniert Oper trotz Corona, trotz des sonst oft steril wirkenden Streamings. Welch ein Fest, diese "Jenůfa" bitte bald in der Staatsoper live und real bejubeln zu dürfen.

"Jenůfa" online und im Radio

Das Video der Opernpremiere "Jenůfa" an der Berlin Staatsoper ist bis zum 15. März online zu sehen.

BR-KLASSIK sendet den Radiomitschnitt der Premiere am 14. Februar ab 19:05 Uhr.