Es gab viel Kritik an der Bundesregierung, die Kultur sei bisher bei den Corona-Hilfen vernachlässigt worden. Nun kommen Hilfen, besonders für die Privatwirtschaft.
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Mit gut einer Milliarde Euro wollen Bund und Länder die Kultur durch die Corona-Pandemie bringen. Zum Vergleich: Der Kulturhaushalt des Bundes beträgt (ohne diese Förderung) für 2020 insgesamt zwei Milliarden Euro. Das Förderprogramm ist Teil des am Mittwochabend vom Koalitionsausschuss beschlossenen 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaketes. Das "Neustart Kultur" überschriebene Programm gliedert sich in vier Teile: Der größte Teil von 450 Millionen Euro geht an Einrichtungen, die nicht staatlich gefördert werden. Dazu sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. "Zum Beispiel an Musikfestivals, oder an Programmkinos, oder an Tanzveranstalter, die jetzt im Moment nicht auftreten können, an Musikveranstalter, die gemeinnützig organisiert sind und auch solche, die profitabel arbeiten müssen, wie zum Beispiel an Musikclubs."
Viele Kultureinrichtungen müssen in neue Ticket- und Belüftungssysteme, andere Besucherführungen oder eine abstandsgerechte Bestuhlung investieren. Für diesen zweiten Teil des Förderprogramms werden bis zu 250 Millionen Euro bereitgehalten. Bis zu 150 Millionen Euro gibt es für die Förderung alternativer, etwa digitaler, Angebote. 20 Millionen Euro gehen an private Hörfunkveranstalter. Weitere 100 Millionen Euro sollen die Einnahmeausfälle jener Institutionen ausgleichen, die hauptsächlich vom Bund gefördert werden. Dazu gehören die Berliner Philharmoniker, die Festspiele in Berlin oder Bayreuth und staatliche Museen.
Das Geld soll mit Hilfe der vielen Berufsverbände verteilt werden und auch bei den freien Künstlern ankommen, die nun oft in finanziellen Schwierigkeiten sind. "Für die Künstler bedeutet das, dass ihnen ermöglicht wird, wieder zu arbeiten, indem wir die Veranstalter ertüchtigen, sich das auch wirtschaftlich leisten zu können", sagte Grütters. Außerdem soll der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung mit Übernahme der Mietkosten und Hartz IV für freiberufliche Künstler bis Ende September möglich sein.
Angela Merkel und Olaf Scholz nach der Beratungen des Koalitionsausschusses. | Bildquelle: dpa-Bildfunk/John Macdougall Das neue Förderprogramm ergänzt bestehende Hilfen. So seien inzwischen 20 Millionen Euro für ein Umbauprogramm, 15 Millionen Euro für ein Zukunftsprogramm Kino, 15 Millionen Euro für Investitionen in nationale Kultureinrichtungen in Deutschland und 5,4 Millionen Euro für die deutsche Orchesterlandschaft zur Verfügung gestellt worden. Grütters verwies außerdem auf die bestehenden Hilfen für Soloselbstständige, die Gutscheinlösung für Kulturveranstalter und KfW-Schnellkredite.
Wenn ein Club, ein Programmkino, eine Tanzinitiative oder beispielsweise ein privates Musikfestival Geld beantragen möchte, wie funktioniert das genau? "Wir werden jetzt die Kriterien für unsere einzelnen Programme bei uns auf der Website veröffentlichen mit den entsprechenden Ansprechpartnern", sagte Monika Grütters.
Die ersten Reaktionen von den Fachverbänden fallen weitgehend positiv aus. "Mit diesem starken Bekenntnis zur Kultur leistet die Bundesregierung einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung der kulturellen Vielfalt", meint Christian Bräuer, der Vorsitzende des Verbandes der Filmkunsttheater "AG Kino – Gilde". "Das Ergebnis lässt sich sehen", sagt auch Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, des Spitzenverbandes der Bundeskulturverbände.
Neben der direkten Förderung des Kulturbereiches kämen dem Kultur- und Medienbereich weitere geplante Vorhaben zugute, so der Kulturrat. Im Kulturbereich gelte auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, etwa für Bücher, der den Planungen zufolge für sechs Monate von 7 auf 5 Prozent gesenkt werden soll. Als zentral bezeichnete der Kulturrat außerdem die Stärkung der Kommunen. Sie trügen 45 Prozent der öffentlichen Kulturfinanzierung.
Berlins Kultursenator Klaus Lederer wägt ab: "Es ist gut, dass drei Monate nach Beginn der Pandemie die Kultur nun auch durch die Bundesregierung adressiert wird", sagte der Linke-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag. "Die Milliarde zeigt aber den Stellenwert der Kultur – etwa im Vergleich zur 9-Milliarden-Subventionierung einer Airline" – damit meint Lederer das Hilfspaket für die Fluggesellschaft Lufthansa. "Auch die Kunstschaffenden erhalten mit bürokratischen Überbrückungshilfen bis September keine soziale und berufliche Perspektive, denn Kultur war zuerst und wird mit am Längsten von der Pandemie betroffen sein", so Lederer. "Im September ist sie nicht vorbei."
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