Der Konzertveranstalter Georg Hörtnagel ist am 1. Mai im Alter von 93 Jahren gestorben. Bekannt wurde er mit seiner Konzertdirektion Hörtnagel, die er in den 1960er-Jahren gründete. Ursprünglich war Hörtnagel aber selbst Musiker, bevor ein Schicksalsschlag seine Karriere beendete.
Bildquelle: Stephan Rumpf
Außenseiter unter den Konzertveranstaltern
Zum Tod von Georg Hörtnagel
Es war selbst für bekannte Größen des Musikbetriebs eine Ehre zusammen mit Georg Hörtnagel das Forellenquintett von Franz Schubert zu musizieren. Immer wieder hat sich der ehemalige Solobassist des Bayerischen Staatsorchesters das Vergnügen gemacht, etwa mit dem Beaux Art Trios oder dem Alban-Berg-Quartett dieses berühmte Kammermusikwerk mit Kontrabass öffentlich aufzuführen. Über achthundert Mal hat Georg Hörtnagel es gespielt. Für manchen Konzertbesucher mag es eine Überraschung gewesen sein, ihn dabei selbst auf der Bühne zu sehen. Denn die meisten kannten Hörtnagel eben nur als Veranstalter von Konzerten und wussten nichts von seinem früheren Beruf als Musiker.
Einen Nachruf sendet BR-KLASSIK am Montag, 4. Mai, ab 6:05 Uhr im Musikmagazin "Allegro". Außerdem steht Georg Hörtnagel im Mittelpunkt der "Klassik-Stars", ebenfalls am 4 . Mai um 18:05 Uhr.
Seine Tätigkeit als Kontrabassist an der Bayerischen Staatsoper hatte Georg Hörtnagel 1967 wegen einer Handverletzung aufgeben müssen, und so kam er eher unfreiwillig dazu, Konzerte zu organisieren. Er gründete die Konzertdirektion Hörtnagel. Dass er damit so erfolgreich war, hatte natürlich auch mit seiner intimen Kenntnis der Musik und des Musikbetriebs zu tun. Die brachte ihm das Vertrauen und sogar Freundschaften mit den Musikern ein, die in seinen Konzerten in München und in Nürnberg auftraten. "Das war nicht ein Verhältnis von einem Musiker zu einem Konzertagenten", erzählte Georg Hörtnagel in einem Interview mit BR-KLASSIK. "Ich war immer einer der ihren. Darum bin ich in der ganzen Branche auch heute noch ein bisschen ein Outsider, wenn Sie so wollen."
Zahlreiche berühmte Musiker, wie etwa der Pianist Maurizio Pollini, spielten nur in Hörtnagels Reihe, wenn sie in München zu Gast waren. Die Kammermusikreihen Georg Hörtnagels waren über Jahrzehnte ein Aushängeschild für das Münchner Konzertleben und ein Garant für künstlerische Qualität. In ihnen gaben sich die Besten ihres Fachs die Klinke in die Hand.
Ich bin in der Branche eigentlich ein Outsider, weil ich bis heute Musiker geblieben bin.
Dabei war Hörtnagel die Karriere im Musikbetrieb keineswegs in die Wiege gelegt worden – ganz im Gegenteil. Der gebürtige Münchner wuchs in einem kleinen Ort im Allgäu auf einem Bauernhof auf. Die Musik aber interessierte ihn schon sehr früh. Er lernte Geige, Akkordeon und Orgel. Vom Wunsch, Musik zu studieren, waren die Eltern dann allerdings überhaupt nicht begeistert. "Mit zehn, zwölf Jahren wusste ich schon ganz genau, dass ich nur ein Leben in der Musik haben werde", erzählte Hörtnagel. Er machte die Aufnahmeprüfung am Konservatorium in Augsburg. Und dann habe ihn der Direktor Hofmiller gefragt, was er denn nun wirklich studieren wolle. Seine Antwort: am liebsten Geige oder Cello. Hofmiller habe ihm daraufhin gesagt: "Mit deinen Bratzen kannst du nie Geige oder Cello spielen."
Sein Musikstudium finanzierte sich Georg Hörtnagel mit Tanz- und Jazzmusik. Mit 21 wurde er jüngstes Mitglied im Bayerischen Staatsorchester. Bald stieg er zum ersten Kontrabassisten des Orchesters auf und erhielt einen Lehrauftrag an der Münchner Musikhochschule. Die Handverletzung setzte dieser Karriere dann ein jähes Ende.
Dass er so schnell in einem anderen Beruf Fuß fassen und Erfolg haben konnte, war wohl auch Hörtnagels sonnigem Gemüt geschuldet. Mit diesem war er auch menschlich eine Idealbesetzung – als Veranstalter und Impressario. Zu vielen Musikern entstanden denn auch langjährige Freundschaften, etwa zu Maurizio Pollini, Arturo Benedetti Michelangeli oder Martha Argerich.
"Ich bin in der Branche eigentlich ein Outsider, weil ich bis heute Musiker geblieben bin", sagte Georg Hörtnagel einmal. Dass er mehr Musiker als Kaufmann war, war für den Konzertbetrieb ein Segen. Auch nachdem er die Konzertagentur längst in jüngere Hände gelegt hatte, nahm Hörtnagel interessiert Anteil am Konzertbetrieb. Er war und blieb eine prägende Figur nicht nur für das Münchner Musikleben, sondern weit darüber hinaus. Man darf hoffen, dass sein Beispiel auch auf heutige Konzertveranstalter inspirierend wirkt.
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