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Kritik - "Powerhouse" am Staatstheater Nürnberg Monteros Tänzer geben alles

Goyo Montero trat vor einigen Jahren einen wahren Tanzboom in Nürnberg los. Und immer wieder holt der Spanier für seine Frühlingspremiere klangvolle Namen der Tanzszene ans Staatstheater. Zusammen mit Diesmal Hofesh Shechter und Alexander Ekman verwandelte er das Staatstheater in ein "Powerhouse". Premiere war am 21. April 2018.

Balllett "Powerhouse" am Staatstheater Nünrberg, Choreographien von Hofesh Shechter, Alexander Ekman und Goyo Montero | Bildquelle: Staatstheater Nünrberg/Jesús Vallinas

Bildquelle: Staatstheater Nünrberg/Jesús Vallinas

Endlich macht die vielgescholtene Phrase "Tanz deinen Namen" Sinn. Auf der Bühne der Nürnberger Oper stehen sechs Tänzerinnen und Tänzer auf jeweils sechs weißen Quadraten. Jedesmal, wenn die Stimme aus dem Off ihren Namen sagt, muss der Aufgerufene eine typische Bewegung machen – meistens eine ziemlich extravagante Pose – und die Namen fallen schnell. Szenenapplaus vom Nürnberger Publikum. Diese halsbrecherische Eurythmie  ist Teil von Alexander Ekmans furiosem Stück "Tuplet" – dem Mittelteil des Tanzabends. Ein ironischer Einblick in das Entstehen eines Stücks - mit ständigen Regieanweisungen aus dem Off, einem Ensemble, dass im Zeitraffer Miniaturdarbietungen zeigen muss, klassische Schule, ein kleiner Techno-Rave, exaltierte Posen. Immer wieder unterbrochen von einem trockenen Thank You – wieder aus dem Off. Der Plan von Goyo Montero für den Tanzabend Powerhouse: Drei vergleichsweise junge Choreografen: er, Shechter und Ekman - drei ganz unterschiedliche Energie-Übertragungsarten, ein Ensemble.

Die Inszenierung in Bildern

Der rote Faden, der sich durch alle drei Stücke von "Powerhouse" zieht, ist zeitgleich die größte Herausforderung für die Nürnberger Company: Vollbringe körperliche Höchstleistungen, aber lasse es aussehen wie das Einfachste der Welt. Goyo Montero lässt seine Tänzer im Eröffnungsstück "Imponderable" als Kollektiv die oft so geschundene kubanische Volksseele vertanzen – Montero selbst studierte in Kuba.

Monteros harte Trainingsschule

Für sein Stück lies er die poetischen Liedern des Sängers Silvio Rodriguez neu vertonen. In seiner Choreografie münden kleinste pantomimische Handbewegungen, eine Gruppenchoreografie, die nur aus Kopf- und Schulterzucken besteht, nahtlos in scheinbar schwerelose, manchmal mehrstöckige Hebefiguren, Sekunden später krümmen sich die Tänzer wieder auf dem Boden. Bei Alexander Ekmans Tanz-Satire "Tuplet" muss das Wechselspiel zwischen Kompanie und Musik vollkommen aufgehen – jede noch so kleine Hüftbewegung muss passen, sonst funktioniert der intendierte Witz nicht. Auch das schafft das Nürnberger Ensemble scheinbar mühelos. Monteros harte Trainingsschule abseits der Bühne zahlt sich aus.

Perfekt choreografierte Gruppenszenen

Ohne diese sichtbare Lust am Tanz wäre das letzte Stück des Abends nicht zu machen. Der israelische Choreograf Hofesh Shechter verwebt in Disappering Act in einem nicht abreisen wollenden stampfenden Klangteppich eindrucksvoll arabische und jüdische Musik- und auch Tanzelemente. Die Nürnberger Tänzer zeigen dabei das, was sie auch bei Goyo Montero am Besten können: perfekt choreografierte Gruppenszenen. Wie Motten im Licht wabert das Ensemble im fahlen Scheinwerferlicht über die Bühne, meistens gebückt, schräg, die einzelnen Körper in ein Tanzpuzzle zerlegt, welches sich als Gruppe wieder zusammenfügt. Ein steter Energiefluss, der nichts anderes sein will als Tanz. Und auch wenn Monteros eigenes Stück selbst am Ende etwas verblasst  - das Powerhouse, durch das er seine Tänzer schickt, macht großen Spaß. Zu recht gefeiert am Ende: Monteros schweißnasses ausgepowertes Ensemble.

Sendung: "Allegro" am 23. April 2018, 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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