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Kritik: "Tante Simona" und "Geigenmacher von Cremona" Ungarische Staatsoper streamt Raritäten im Opern-Doppel

Am Samstag zeigte der junge Regisseur Bence Varga ein süffiges Opern-Doppel voller Leidenschaft und Melancholie, aber auch mit Witz und Leichtigkeit: Raritäten der Komponisten Ernst von Dohnányi und Jenö Hubay zum Wiederentdecken per Stream.

"Tante Simona" an der Ungarischen Staatsoper, Szenenfoto | Bildquelle: © Attila Nagy / Ungarische Staatsoper

Bildquelle: © Attila Nagy / Ungarische Staatsoper

Die Ungarische Staatsoper befindet sich derzeit quasi im doppelten Lockdown. Einerseits, da natürlich auch in Ungarn keine öffentlichen Veranstaltungen stattfinden. Andererseits, da schon seit längerem das hübsche Opernhaus generalüberholt wird – und somit nicht zur Verfügung steht. Ein ziemlich formidabler "Ring des Nibelungen" wurde bis zum "Siegfried" geschmiedet, die "Götterdämmerung" soll das frisch renovierte Haus wiedereröffnen. In der Zwischenzeit ist der Spielplan – es gibt diverse Nebenspielstätten – prall gefüllt: mit Klassikern, Uraufführungen und einer Vielzahl Raritäten. Über einen neuen Streamingkanal der Staatsoper lässt sich einiges davon auch hierzulande wahrnehmen.

Witziger Einakter von Ernst von Dohnányi

Der Dirigent Oliver von Dohnányi | Bildquelle: © Attila Nagy / Ungarische Staatsoper Dirigent des Abends und entfernter Verwandter des Komponisten: Oliver von Dohnányi. | Bildquelle: © Attila Nagy / Ungarische Staatsoper Ernst von Dohnányi, Großvater sowohl des Dirigenten Christoph wie auch des Politikers Klaus von Dohnányi, lebte von 1877 bis 1960 und wurde schon in jungen Jahren zum erfolgreichen Pianisten und Komponisten. Musikalisch war er kein Neutöner, aber auch kein 'Nachtöner', sein 1913 in Dresden uraufgeführter Einakter "Tante Simona" ist ein witzig-bissiges Spiel.

Die Titelfigur (mit schönem Wut- und Schmachttimbre: Lúcia Megyesi Schwartz) Simona wurde einst von ihrem Liebhaber verlassen, daher warnt sie die jüngere Generation vor jeglichem Beziehungsgetue. Nach einer prächtigen Fülle von melodiösen Inventionen und etlichen fein gestalteten Nummern und Ensembles wird sie eines Besseren belehrt: Ihr "altes" Sehnsuchtssubjekt kehrt zurück und nun dürfen alle in Frieden leben und lieben.

Ein Himmel voller Geigen von Jenö Hubay

"Le Luthier de Crémone" an der Ungarischen Staatsoper, Szenenfoto | Bildquelle: © Attila Nagy / Ungarische Staatsoper Bildquelle: © Attila Nagy / Ungarische Staatsoper Das liebevoll ausgemalte Bühnenbild von Anna Fekete wandelt sich daraufhin ein wenig und gibt den Blick frei auf einen Himmel voller Geigen. Wir wechseln von einer Oper in die andere und landen in Cremona. Dort treffen wir einen sehr freundlichen Instrumentenbauer, dessen zwei Assistenten sich in dasselbe hübsche Mädchen (die Tochter des Hausherrn) verguckt haben. Ein Wettbewerb wird veranstaltet, es gibt Reichtum und die junge Giannina zu gewinnen. Fillipo erweist sich als besserer Geigenbauer, jedoch ist er durch einen Buckel verunstaltet und erkennt, dass sein Kollege Sandro und Giannina wirklich zueinander passen.

Der Rest ist ein verwickelter Geigentausch und ein siegreicher Fillipo, der Sandro den Gewinn überlässt und in die Berge zieht. Jenö Hubay schrieb für seinen einst überaus erfolgreichen "Geigenmacher von Cremona" – Uraufführung war 1894 – warme, schwelgerische Musik, die sanft und eher zurückhaltend auch von Verletzungen und Marotten erzählt. Deutlich hörbar sind bei Hubay Einflüsse der italienischen Oper, während Dohnányi von Wagner und Richard Strauss beeinflusst ist. Jenö Hubay war enger Vertrauter von Franz Liszt und Begründer der berühmten ungarischen Geigenschule, er galt selbst als absoluter Virtuose, und natürlich findet sich auch in seiner Oper viel Schönes aber auch Schwieriges für die Geige.

Emphatisch und präzise dirigiert hat die beiden Stücke Oliver von Dohnányi, der mit Ernst von Dohnányi über mehrere Ecken verwandt ist. Die Ungarische Staatsoper bereitet unterdessen die nächsten gestreamten Premieren vor: darunter am 13. Februar eine Musiktheater-Uraufführung nach Bulgakows verrücktem Himmel- und Höllenspektakel "Der Meister und Margarita". Für den Live-Stream kann man online Tickets erwerben.

Sendung: "Leporello" am 01. Februar 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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