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Kritik – Prokofjews "Verlobung im Kloster" an der Staatsoper Berlin Club der anonymen Opern-Abhängigen

Am Freitag eröffnete Daniel Barenboim in Berlin die alljährlichen "Festtage", die vor allem ein österliches Barenboim-Fest sind. Am Samstag stand Sergej Prokofjews relativ selten gespielte Komödie "Die Verlobung im Kloster" aus dem Jahr 1941 auf dem Programm. Es inszenierte der russische Regisseur Dmitri Tcherniakov, einer der erklärten Lieblinge Barenboims, der allerdings schon im Vorfeld sagte, dass er mit Komödien nicht viel anfangen kann.

Szene aus "Die Verlobung im Kloster" von Sergej Prokofjew an der Staatsoper unter den Linden Berlin | Bildquelle: Ruth und Martin Walz

Bildquelle: Ruth und Martin Walz

Kein Sevilla, kein Kloster. Stattdessen ein atmosphärefreier Lagerraum, in dem die alten Sitzreihen der Berliner Staatsoper von vor dem Umbau gelagert werden. Hier trifft sich die "Gemeinschaft anonymer Opern-Abhängiger". Unter Anleitung eines Therapeuten wollen sie von ihrer Sucht loskommen und haben als Aufgabe gestellt bekommen, eine Oper zu erfinden und zu spielen. Eine ganz besonders abstruse Oper offenbar, so was wie Sergej Prokofjews "Die Verlobung im Kloster".

Tcherniakov überschreibt die Originalhandlung

Bei Prokofjew geht es ursprünglich um zwei junge Paare, die zu einanderkommen wollen, und um einen Alten, der das verhindern will - und allerlei Verwechslungen und Missverständnisse. Eine gut gebaute Komödie eigentlich, deren Humor der Regisseur Dmitri Tcherniakov aber zutiefst misstraut und sie deshalb mit einer neuen Handlung überschreiben will. Das fängt auch sehr amüsant an mit der Vorstellung der Opernsüchtigen: Ein Opernblogger aus der Hauptstadt ist dabei, eine gescheiterte Sängerin, ein frustrierter Kritiker und eine traurige Gestalt, die ihrer Diva nachreist. Um diese zusätzliche Handlung einigermaßen zu verstehen, muss das Publikum allerdings viel Text lesen und bei den teils amüsanten Videos sehr genau hinschauen.

Die Inszenierung in Bildern

Als drübergelegte Handlung für eine Komödie mit ihrer genau gebauten Klippklapp-Dramaturgie eignet sich die Geschichte der Opernsüchtigen jedoch nicht, weil Text und Musik keinen Platz lassen für einen doppelten Boden. Das hat offenbar auch Regisseur Tcherniakov bemerkt, aber da war es schon zu spät. Das Konzept funktioniert nicht, die ursprüngliche Handlung bleibt ein Rätsel. Aber in dieser Hinsicht sind wir Opernfans Kummer gewohnt und immerhin bleiben diesmal die zentralen Momente der Handlung intakt: Auch wenn die Szenen zusammenhanglos nebeneinander stehen, dürfen die Streitenden sich ordentlich abbürsten und die Liebenden schmachten sich an – nach allen Regeln der Opernkunst.

Stephan Rügamer bietet gesanglich das Highlight des Abends

Szene aus "Die Verlobung im Kloster" von Sergej Prokofjew an der Staatsoper unter den Linden Berlin | Bildquelle: Ruth und Martin Walz Bildquelle: Ruth und Martin Walz Musikalisch ist die Berliner Aufführung von Prokofjews "Verlobung im Kloster" in jeder Hinsicht ein Fest. Nicht nur Aida Garifullina und Bogdan Volkov als Liebespaar Luisa und Antonio lassen keine Wünsche offen, auch Andrey Zhilikhovsky ist ein herrlich verdruckster Ferdinand, Violeta Urmana eine urkomische Duenna, alle anderen singen virtuos stilsicher und geschmackvoll. Stephan Rügamer schießt aber den Vogel ab als Jerome, ein Tenor mit Charakter und Humor, witzig auch mit Trompete und Glockenspiel, ein Hochgenuss.

Daniel Barenboim und die Staatskapelle setzen auf Atmosphäre und Komik, Klangfarben und rhythmische Kontur. Herrlich. Die Anti-Operntherapie funktioniert natürlich nicht. Zum Schluss steht der Chor in den Kostümen von Elena Zaytseva als Maria Callas und Montserrat Caballé, Mario del Monaco und Luciano Pavarotti auf der Bühne. Das wirkt zwar unvermittelt und notdürftig angeklebt, aber so wird das Finale noch zur witzigen Hommage der Sänger auf der Bühne an ihre treuesten Fans.

Sendung: "Allegro" am 15. April 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Prokofjews "Verlobung im Kloster" an der Staatsoper Berlin

Weitere Informationen sowie Tickets und Termine finden Sie auf der Homepage der Staatsoper Berlin.

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