Viele Künstler sind derzeit gezwungen, anderweitig Geld zu verdienen. Das gibt oft Probleme mit der Künstlersozialkasse (KSK). Denn KSK-Versicherte müssen den Hauptteil ihres Einkommens durch künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwirtschaften. Jetzt fordern der Deutsche Musikrat, der Deutsche Tonkünstlerverband und der Verband deutscher Musikschulen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dazu auf, der KSK über eine Rechtsverordnung kulantere Regelungen in Bezug auf Nebenverdienste zu ermöglichen. BR-KLASSIK hat mit Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrats, gesprochen.
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Der verlängerte Lockdown infolge der Corona-Pandemie sei "erwartbar" gewesen, sagt Christian Höppner im Gespräch mit BR-KLASSIK. Doch der Generalsekretär des Deutschen Musikrats ist in Sorge, "dass diese immer erneuten Verlängerungen letztendlich viele Kreativschaffende in existenzielle Not bringen." Denn wenn Künstlerinnen und Künstler monatelang nicht auftreten können, habe das gravierende Auswirkungen auf ihre soziale Absicherung, erklärt Höppner. Versicherte, die weniger als 3.900 Euro pro Jahr aus künstlerischer Tätigkeit verdienen, werden momentan aus der Künstlersozialkasse ausgeschlossen. "Das kann's nicht sein!", so Höppner.
Schon jetzt gebe es 10.000 Betroffene mit einem Vollstreckungsverfahren wegen rückständiger Beiträge, so der Generaksekretär des Deutschen Musikrats. "Der KSK kann man das nicht zum Vorwurf machen. Sie handelt nach der aktuellen Gesetzeslage. Aber die Forderung des Deutschen Musikrates an Arbeitsminister Hubertus Heil, gegebenenfalls in Abstimmung mit Gesundheitsminister Jens Spahn ist, dass man über eine Rechtsverordnung kulantere Regelungen im Bezug auf die Nebenverdienste ermöglicht." Bisher sind Nebenverdienste als sogenannte "Minjobs" bis zu 450 Euro möglich. In der Pandemie sei diese Grenze aber viel zu niedrig angesetzt, so Höppner. "Für diesen Fall darf dann nicht der – im Normalfall richtige – Ausschlussmechanismus greifen."
Die Künstlersozialversicherung ist Teil der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland. Freischaffende Künstler/innen sowie Publizistinnen und Publizisten können bei entsprechendem Nachweis einer dauerhaften Tätigkeit in ihren Arbeitsfeldern über die KSK ihre Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung abschließen und zahlen hierbei nur den Arbeitnehmeranteil. Damit wird auch eine Angleichung des Versicherungsschutzes von freiberuflichen Kreativen an den von Angestellten angestrebt. Kreativschaffende, die in der Künstlersozialkasse (KSK) versichert sind, müssen laut geltender Regelungen mindestens 51% ihres Einkommens durch künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwirtschaften. Zudem dürfen KSK-Versicherte nur geringfügig, also auf 450-Euro-Basis, aus nichtkünstlerischer Tätigkeit dazu verdienen.
Wir brauchen dringend eine Planungssicherheit für den absoluten Basisbereich gesellschaftlicher Verständigung, und das ist die Kultur.
Bisher dürfen KSK-Versicherte nur geringfügig aus nichtkünstlerischer Tätigkeit hinzuverdienen. In der Corona-Krise ein Stolperstein. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Positiv äußert sich Höppner über das Programm "Neustart Kultur" der Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Dass das Rettungs- und Zukunftsprogramm noch einmal eine Milliarde aufgestockt wurde, ist für ihn ein gutes Zeichen. "Die kommenden Jahre werden im Hinblick auf die Kulturfinanzierung dramatisch werden." Höppner sieht die Länder und Kommunen in der Pflicht, für den Kulturbereich Ausgaben in die Hand zu nehmen. "Wir haben als Deutscher Musikrat den Vorschlag gemacht, das Instrument der Verpflichtungsermächtigung zu nutzen. Wir brauchen dringend eine Planungssicherheit für den absoluten Basisbereich gesellschaftlicher Verständigung, und das ist die Kultur."
Wir stehen hinter den Maßnahmen der Bundesregierung, diese pandemische Lage einzugrenzen.
Eine Klage gegen den Kultur-Lockdown, wie es etwa das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot plant, sei für den Deutschen Musikrat aber keine Option, betont Höppner. "Wir sind ein zivilgesellschaftlicher Dachverband und immer auf Dialog angelegt. Wir stehen hinter den Maßnahmen der Bundesregierung, diese pandemische Lage einzugrenzen." Allerdings sei der Deutsche Musikrat unglücklich über die Art der Kommunikation. "Es kann nicht immer nur eine Verlängerung von jetzt auf gleich geben. Wir brauchen einen verlässlichen Stufen-Plan."
Der entworfene Drei-Stufen-Plan der Kultusministerinnen und -minister für einen schrittweisen Weg aus dem Lockdown zeigt für Höppner in die richtige Richtung. "Wir fordern natürlich, dass die Kultur mit an erster Stelle stehen muss. Wenn Schulen und Kitas aufmachen, sind das Orte kultureller Bildung. Da sollte man die Kultur gleich mitdenken und miteinbeziehen", fordert der Generalsekretär. "Wir stehen sehr zur Verantwortung, dass das nur schrittweise passieren kann. Aber es darf nicht wie zu Beginn der Pandemie passieren, dass als letztes an die Kultur gedacht wird."
Sendung. "Leporello" am 12. Februar 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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