"Lady Macbeth von Mzensk" - das ist die Geschichte einer Mörderin, es ist aber auch die Geschichte einer Emanzipation. Sex, Blut und Gewalt prägen das Bühnengeschehen - Dmitrij Schostakowitschs Oper war zu Sowjet-Zeiten lange verboten. Unser Kritiker Fridemann Leipold hat die Premiere der neuen Produktion der "Lady Macbeth" für die Salzburger Festspiele miterlebt.
Ein neureich eingerichtetes Schlafzimmer, an der Wand eine Ikone. Im Ehebett eine Frau, die nicht schlafen kann: Katerina, die sich nach Liebe sehnt. Aber ihr Mann Sinowi hämmert im Nebenzimmer nur verdruckst in die Tastatur eines alten Computers. Kein Wunder, dass Katerina dem Kraftprotz Sergej umstandslos verfällt. Im virilen Tenor Brandon Jovanovich findet er seinen idealen Interpreten.
Die Salzburger "Lady Macbeth" in Bildern.
Die ätzende Polizei-Satire versandet bei ihm jedoch in harmloser Beschäftigungs-Therapie der kochenden, strickenden und malenden Beamten – Groteske sieht anders aus. Leider lässt Kriegenburg diesmal seine Lust an expressionistischer Komik vermissen und setzt ganz auf pittoresken Bühnenrealismus. Er reiht einfach Genrebilder aneinander, wobei sich die Frage stellt, ob man dem grellen Kaleidoskop von Schostakowitsch damit gerecht wird. Dank ausgefeilter Personenregie gelingen Kriegenburg aber stimmige Charakterporträts wie das des tyrannisch-geilen Schwiegervaters Boris, dem Dmitry Ulyanov machtvolle Statur verleiht.
Im Gegensatz zur Regie lotet Dirigent Mariss Jansons den doppelbödigen Charakter dieser "Tragödien-Satire", wie Schostakowitsch seine Oper genannt hat, grandios aus. All seine Schostakowitsch-Erfahrung kann Jansons hier einbringen, brillant arbeitet er die Instrumentations-Finessen, die Schärfen und Schönheiten dieser Musik zwischen Kirmes und Operette, zwischen Lyrik und Pathos heraus. Und die Wiener Philharmoniker bieten zarten Streicher-Schmelz und fantastische Bläser-Soli. Mit nie nachlassender rhythmischer Energie treibt Jansons das fatale Geschehen voran, vor allem die symphonischen Zwischenspiele geraten ihm zu Glanznummern. Ein packender Abend, der für Jansons zum Triumph wird.
Dienstag, 08.08.2017, 20.03 Uhr
Mitschnitt vom 2. August 2017
Sendung: Allegro auf BR-KLASSIK, 3. August 2017, 6:05 Uhr